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Die Szolnoker Malerschule

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Bis zum 18. Jänner 1976 zeigt die österreichische Galerie im Belvedere in Zusammenarbeit mit der Ungarischen Nationalgalerie in Budapest, der Neuen Galerie in Graz und dem Museum der Stadt Wien eine Ausstellung über „Die Szolnoker Malerschule“. Sie umfaßt mehr als 100 Arbeiten der in Szolnok und im übrigen Ungarn arbeitenden österreichischen Maler des vorigen Jahrhunderts und jener ungarischen Künstler, die sich 1899 schließlich zur Szolnoker Malerkolonie zusammenfanden. Die Entdeckung Szolnoks für die Malerei, seiner Theißlandschaft und der großen ungarischen Tiefebene, dem Älföld, für die Malerei ist August von Pettenhofen zu danken, einem der bedeutendsten österreichischen Maler und Zeichner des vorigen Jahrhunderts. Pettenkofen (1822 bis 1889) kam seit 1851 immer wieder in diese malerische Kleinstadt, die für seine künstlerische Entwicklung ebenso bedeutend wurde wie seine wiederholten Aufenthalte in Paris, wo er die Vertreter der Schule von Barbizon kennenlernte. Szolnok schenkte ihm nicht nur neue Sujets —das Leben der Bauern mit ihren farbigen Märkten und die Typen der Zigeuner —, sondern auch die Weite eines unendlichen Horizontes und ein Licht, das, bei aller Kraft, Farbigkeit und Härte, auch wieder zu jenen Zwischentönen und Verschleierungen fähig war, die er so liebte.

Kein Wunder, daß er nicht nur seinen Schüler Johann Gualbert Raffalt (1836 bis 1865) mit sich zog, sondern auch andere Freunde, wie Leopold Carl Müller und den Tiermaler Otto von Thoren. Die hervorragende Malerin Tina Blau (1845 bis 1916) war 1873/74 zwei entscheidende- Jahre ebenfalls in Szolnok und ihre im Belvedere ausgestellten Arbeiten dieser Zeit zählen zu ihren besten und zu den schönsten der Ausstellung. Aber auch andere österreichische Künstler suchten damals Ungarn im Gefolge Pettenkoferiis auf; wenn schon nicht Szolnok, so doch Westungarn und die Pußta, wie etwa Franz Adam, Gustav Ranzoni, Eugen Jettel, der genialische Romako und schließlich Theodor von Hörmann (1840 bis 1895), der die österreichische Freilichtmalerei zu größerer Farbigkeit läuterte.

Szolnok gewann aber auch für die ungarische Kunst besondere Bedeutung, als die Schüler Mihäly Mun-käcsys, der damals Weltgeltung besaß und Pettenkofen gut kannte, in ihm und seiner Umgebung zu malen begannen. Wie die österreichischen Künstler setzten sie sich nun unmittelbar mit der „wirklichen Wirklichkeit“ auseinander, in einer Gegend, die für sie als Heimat weniger exotischen Reiz und Bizarrerie besaß, als nationale und soziale Verbundenheit bedeutete. Zudem kamen sie meist bereits aus Paris, wo sie mit den neueren Strömungen der Malerei in Berührung gewesen waren. Elf von ihnen leiteten 1899 die Gründung einer Künstlerkolonie ein, die mit staatlicher Unterstützung 1902 ins Leben gerufen wurde und bis heute existiert.

Unter den Künstlern dieser ungarischen Malerschule in Szolnok, aus der Werke bis 1910 zu sehen sind, ragt als stärkste Persönlichkeit und als Überraschung Adolf Fenyes (1867 bis 1945) hervor, besonders in den ganz ausgezeichneten Bildern „Bohnenleser“, „Geschwister“ und „Möhnkuchen“, deren aufgehellte Freilichtmalerei und Nachimpressionismus manches relativiert, was in Österreich viel später entstand. Auch Läszlö Mednyansky malte bereits 1905 wie Vlaminck später — und besser, und Sdndor Bihäri nimmt im gleichen Jahr Wiegele vorweg. Von Ldjos Szlanyi stammt ein fein empfundene Winterlandschaft, von Älä-där Edvi llles und Ldjos Zombory sieht man groß und stimmungsvoll gesehene Windmühlen und Ochsen beim Pflügen. Auch L&jos Deäk Ebner, der Pettenkofen in Szolnok noch persönlich kennenlernte, war ein äußerst sensitiver und nuancierter Maler. Iszäk Perlmutters überraschendes Bild dürfte allerdings wesentlich später als 1910 entstanden sein. Eine äußerst interessante Ausstellung, deren Höhepunkte in Pettenkofen Tina Blau und Fenyes liegen, die manches Uberraschendes und Schönes bringt und durch ihre besondere Qualität sehr sehenswert ist. Nach Wien wird sie auch in Graz gezeigt werden.

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