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Drei Liederabende

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Der letzte Liederabend des an der Wiener Staatsoper bereits heimisch gewordenen lyrischen Tenors Peter Schreier bestätigte die schon öfters aufgestellte Behauptung, daß der Sänger als der beste Nachfolger des leider so früh verstorbenen Fritz Wunderlich anzusehen sei. Für diese Annahme sprechen die große Gesangkultur Schreiers, die sich auf richtige Tiefatemführung, korrekte Artikulation, natürliche Phrasierung und ein glänzendes Voix-mixte- Register stützt, und die angeborene Musikalität des Künstlers, welche die Auslegung der einzelnen Lieder durch den Sänger seinen Hörern lebensvoll mitteilt. Diesen Vorzügen stehen zwar als geringfügige Abschwächung ein kleineres Stimmvolumen und ein zeitweilig auftretender Mangel an Wärme der Tongebung gegenüber; doch gelangen dem Künstler in seinem Schubert- Schumann-Programm die Interpretation von Liedern wie „Rastlose Liebe“, „Ganymed“, die „Harfner- Gesänge“ — um nur einige zu nennen — in ganz hervorragender Weise. Als Gipfelpunkt des Abends aber muß die mit großer Gefühlstiefe vorgetragene, ätherisch ver- schwebende „Mondnacht“ von Schumann gewertet werden. — Zu dem großen, von dem begeisterten Publikum des Brahms-Saales atte stierten Erfolg trug auch der piani- stisch gut beschlagene Begleiter. Norman Shetler, bei, der in voller Übereinstimmung mit der Auffassung des Sängers sich als sein trefflicher Partner zugesellte.

Mit seinem Liederabend-Zyklus hat das Konzerthaus kein besonderes Glück, denn auch das Konzert Jessye Normans war kein künstlerischer Volltreffer. Die dr-Vlhäutige Sängerin, eine überdimensionierte Walkürenerscheinung, bringt schönes Sopranmaterial mit und pflegt ein gut erarbeitetes, kultiviertes Piano. Da dieses aber einen ihr bewußten Haupttrumpf darstellt, wendet sie ihn während des ganzen Abends so konsequent an, daß man erfreut ist, auch einmal ein wirksames Forte zu hören. Störend macht sich neben d- r undeutlichen Diktion ein leider sehr häufiges Detonieren bemerkbar, zumeist im Zutief-, manchmal ber auch im Zuhochsingen bestehend. Positiva des Abends waren das gute Einfühlungsvermögen der Sängerin in den musikalischen und dichterischen Gehalt der Lieder und ein ganz seltene Schubertgesänge aufweisendes Programm, das auch Hugo-Wolf- und Mahler-Lieder enthielt. Die Tnteroretation der letzteren stellte die beste Leistung der Künstlerin dar. In den Applaus, den das

Publikum des Mozartsaales trotz der angeführten Mängel recht freigiebig spendete, war auch der sich immer besser entwickelnde Begleiter, Irwin Gage, einbezogen.

Der von seinen Gastspielen bei den Salzburger Festspielen und von Konzerten in Wien her bekannte finnische Bariton Tom Krause, hat bei seinem Schubert-Liederabend im Mozart-Saal etwas enttäuscht. Das gegen früher merklich aufgehelite Organ des Künstlers hat ein in übermäßigem Kopfklang aufgebautes, zuwenig gemischtes Piano und eine schon beim zweigestrichenen F eng werdende Höhe aufzuweisen, auch die nie sehr sonor gewesene Tiefe will oft nur schwer ansprechen. Und daß der Künstler manche Phrasen durch völlig unangebrachtes Atemholen zerstört — so besonders auffallend bei den Schlußtakten von Schuberts „Ganymed“ — war nicht sehr erfreulich. Als Pluspunkte des Abends können eine sehr deutliche Diktion gelten sowie das Bestreben, sinngemäßen Ausdruck in die einzelnen Lieder des „Schwanengesanges“ zu legen. Die eingangs gesungenen Goethe-Lieder „Prometheus“ und „An Schwager Kronos“ zeigten, daß Dramatik die Stärke des Künstlers ist, während ihm zum Beispiel die Lyrik des „Ganymed“ weniger liegt. — Da der zweite Teil des Abends wesentlich besser als der Beginn gelang und der Sänger die Stimme freier strömen ließ, wurde das Konzert doch zu einem vom Publikum durch großen Beifall bestätigten Erfolg, an dem der Begleiter, Irwin Gage, berechtigtermaßen beteiligt war. Paul Lorenz tische Totgeburt, in der außer zwei kleinen Szenen (Sakuntalas Verstoßung, Fischer-Terzett) kaum eine Passage anhörenswert ist. Wie Schubert vieles wirklich komponiert hätte, wissen wir nicht. Warum man sich dann aber just auf ein nicht einmal bedeutendes Fragment stürzte, statt fertig vorliegende Opern des Meisters — man wirft ihnen meist geringe dramatische Wirksamkeit vor — aufzuführen, bleibt unverständlich.

Recht mühsam wirkte auch die Aufführung durch das Ensemble der Rumänischen Staatsoper Timisoara unter Cornelia Voina. Jeunesse- Chor, Mozart-Sängerknaben und Tonkünstler ließen es nicht an Bemühungen um eine stimmungsvolle Wiedergabe fehlen.

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