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Ein Gehäuse für den Geist

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Die Katholisch-Theologische Hochschule Linz hat ein neues Gebäude bezogen. Unter den drei hohen Schulen von Linz (zusammen mit der Universität und der Hochschule für Gestaltung) ist sie die älteste; allerdings ist sie erst 1978 als Päpstliche Hochschule mit staatlich anerkanntem Graduierungsrecht neu begründet und am 15. November 1988 „auf Dauer“ bestätigt worden.

In den letzten Jahren ist die Zahl der Hörer sprunghaft angestiegen: von 144 im Studienjahr 1978/79 auf 390 im Jahr 1988.. Dar-

unter sind sechzig Priesteramtskandidaten und zehn Ordensleute. Die anderen Studenten streben entweder das Lehramt an höheren Schulen oder den Beruf des Pastoralassistenten an.

Das Ansteigen der Studentenzahl hatte am Priesterseminar, wo die Hochschule bislang untergebracht war, zu unerträglicher Raumenge geführt. Die Diözese erwarb daher in der zentral gelegenen Bethlehemstraße, unweit des Priesterseminars, ein bebautes Grundstück und entschloß sich zu einem Neubau. 1984 wurde ein geladener Wettbewerb ausgeschrieben, aus dem Hans Puchhammer, Technische Universität Wien, als erster Preisträger hervorging, und er wurde mit dem

Bau beauftragt.

Hans Puchhammer hat für die städtebaulich schwierige Situation in der Nähe der belebten Dametzstraße, in unmittelbarer Nachbarschaft des barocken „Nordico“ und eines nicht gerade schönen fünfstöckigen Neubaus, eine überzeugende Lösung gefunden.

Auf dem zur Verfügung stehenden relativ kleinen Grundstück stand ein barockes Gebäude, das aller Wahrscheinlichkeit nach von Johann Michael Pruner stammt und in der Zeit um 1710—1720 erbaut worden ist. Puchhammer hat alles unternommen, um diesen schönen Bau nicht nur zu erhalten, sondern neu zur Geltung zu bringen. So hat er an der südlichen Fassade die lange zugemauerten Arkaden freigelegt. Im Inneren wurde das Gebäude für die neue Zweckbestimmung adaptiert: für das Rektorat, die Verwaltung, das Pädagogische Institut und einige Seminarräume. Besonders schön wurden die Räume im Dachgeschoß, das sich vorher in einem konstruktiv katastrophalen Zustand befunden hatte.

Um den Altbau nicht in seiner Erscheinung zu beeinträchtigen, wurde der Neubau des Hörsaal-

und Institutsgebäudes nicht an diesen, sondern an das östlich anschließende fünfstöckige Nachbarhaus angebunden. Zwischen dem Altbau und dem Neubau wurde eine Passage geschaffen, die den Zugang zu beiden Gebäuden und zur Bibliothek bildet. Sie öffnet sich zu einem lichten „Foyer“, dem Haupttreffpunkt der neuen Hochschule.

Hier hat Puchhammer eines seiner wichtigsten Ziele verwirklicht, das er selbst mit folgenden Worten umreißt:

„Ein Haus für universitäre Zwecke zu bauen heißt, außer den in einem Raumprogramm erfaßten Räumen ein Angebot von Zwischenräumen und Freiräumen zu schaffen, das vielfältige Kontakte außerhalb des Lehrbetriebs anregt. Daher wurde auf die Gestaltung des offenen Bereichs im Erdgeschoß und die Zuordnung der Kommunikationsräume großer Wert gelegt. Einen entscheidenden Beitrag dazu leistet auch die Versorgung des Gebäudes mit genügend Licht und Luft.“

Vom Foyer aus werden die Hörsäle und die Cafeteria erschlossen; von hier aus erreicht man auch die Bibliothek, die man auf diese Weise unmittelbar als zugehörig erfährt. „In dieses Gebäude’

ist Kommunikation eingebaut“, sagte spontan einer der Professoren nach dem ersten Kennenlernen. In den oberen Stockwerken sind die Institute untergebracht.

Das Glanzstück der neuen Hochschule ist jedoch die Bibliothek. Sie ist öffentlich zugänglich und bietet vortreffliche Arbeitsbedingungen. Im durchlichteten Erdgeschoß und im ersten Untergeschoß ist die Präsenzbibliothek unmittelbar zugänglich; hier sollen im Endausbau etwa 60.000 Bände aufgestellt werden. Einzelarbeitskojen und ein Gruppenarbeitsraum ergänzen das Angebot, ebenso die Zeitschriftenablage und die Handbibliothek für die Vorlesungen des betreffenden Semesters. Im zweiten Untergeschoß befindet sich der Bücherspeicher, der für mehrere Hunderttausende von Bänden Platz bietet.

Die Einrichtung des Gebäudes, die bis ins letzte Detail einfühlsam gestaltet worden ist, trägt wesentlich zum einladenden, hellen und freundlichen Charakter bei. Die sensible Architektur ist sicherlich eine Bereicherung der Linzer Innenstadt

Der Autor ist Professor an der Katholisch- Theologischen Hochschule Linz und Chefredakteur der Zeitschrift .Kunst und Kirche“.

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