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Familienoffensive
Eine „familienpolitische Offensive“ kündigte Finanzminister Ferdinand Lacina gemeinsam mit Staatssekretärin Johanna Dohnal kürzlich an.
Nun ist es an sich erfreulich, daß sich der größere Koalitionspartner endlich der Familien erinnert. Schließlich leben heute im wohlhabendsten Österreich, das es je gab, 200.000 Familien unter der Armutsgrenze. Mehrkinderfamilien sind fast schon zu einer aussterbenden Spezies geworden.
Einer der wesentlichsten materiellen Gründe für die rückläufige Geburtenrate ist das Steuersystem: Seit 1973 die Haushalts- durch die Individualbesteuerung ersetzt wurde, gerieten vor allem Alleinverdienerfamilien immer stärker unter den materiellen Druck der Steuerprogression. Auch die Erhöhungen der Mehrwertsteuer haben Familien vergleichsweise mehr belastet als Kinderlose. Immer wieder wird aber der Zusammenhang zwischen Steuersystem und Kinderzahl verdrängt. Gleich mit verdrängt wird auch die Frage, wer in Zukunft das wuchtige Pensionssystem tragen soll, das auf dem Generationenvertrag basiert, schon heute an allen Ecken und Enden knirscht und mit Steuergeldern in Höhe der gesamten Lohnsteuereinnahmen gestützt werden muß.
In der Geburtenstatistik fehlen vor allem die kinderreichen Familien der breiten Mittelschicht. Bei dieser Schicht gilt es auch anzusetzen, wenn das bestehende Leistungsniveau im Pensionssystem aufrechterhalten und die Entstehung eines kinderreicheren Österreich zumindest nicht verhindert werden soll. Nicht neue Förderungen sind gefragt, die die Familie endgültig zum staatlichen Ausnahme- und Sozialfall herabmindern, sondern die Beseitigung der Bestrafung von Kinderreichtum durch den Fiskus.
Die ÖVP und Familienministerin Flemming bemühen sich um einen Kompromiß. Bei einem VP- Familienkongreß Ende März1 soll daher ein familienpolitisches Memorandum mit den wichtigsten Forderungen - Erziehungsgeld, Erhöhung der Familienbeihilfe, Mehrkinderstaffel, Beseitigung der steuerlichen Bestrafung von Alleinverdienern - verabschiedet werden.
Es wird allerdings nicht genügen, Gerechtigkeit für Familien zu fordern, die einem Teil der Familien in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten verweigert wurde.
Familienpolitik muß endlich als Teil eines größeren Ganzen gesehen werden, das die Finanzierung der Altersversorgung und den materiellen Ausgleich zwischen Kinderlosen und Kinderreichen ebenso einschließt wie die Berücksichtigung der Doppelrolle der Frau als berufstätige Mutter.
lOVP-Familienkongreß am 31. März und 1. April 1989 in Linz, Ursulinenhof.
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