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Architekten von morgen?

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In einer Zeit, in der so viel vor guter, neuer Architektur gesprochen und geschrieben wird, in der man aber nur allzuwenig davon findet, sollte die Ausbildung unserer Architekten von allgemeinem Interesse sein!

Auch hier ist die Matura die Voraussetzung, um das Studium beginnen zu können, um entweder an den Technischen Hochschulen Graz und Wien oder an einer der beiden Kunstakademien in Wien inskribieren zu können.

An der Technischen Hochschule hat ein Student von bestechender Persönlichkeit und überdurchschnittlichem Talent zwar die Chance zur selbständigen Entwicklung, da er nicht dem Einfluß eines einzigen Lehrers so stark unterliegt wie an der Akademie, und weil er imstande ist, sich das Wesentliche vom Unwesentlichen herauszuklauben. Es herrscht aber hier die „Schwimm- oder-ersauf-Theorie“, deren Folge es ist, daß viele ersaufen oder — und dies ist dann in der Folge noch viel schlimmer — daß sie mitschwimmen, bis sie schließlich doch Architekten werden, ohne zu wissen, worauf es in der Architektur primär ankommt! Nicht der tägliche Kleinkram der TH soll hier besprochen werden, sondern nur das Wesentlichste.

Die Kunst hat das letzte Wort

Die Architektur dürfte niemals von der Technik, sondern einzig und allein von der Kunst beherrscht sein, und so hat ein Architekturstudent an einer Technischen Hochschule nichts verloren. Gehen Sie nur einmal durch die Räume der TH, und dann sagen Sie mir, ob Sie irgendwo der Kunst begegnet sind!

Was Ihnen vielmehr begegnen wird, sind verzagte, lustlose Gesichter. Das sind die Gesichter von Architekturstudenten, die durchaus begabt sind, mit Fleiß lernten und erfolgreich alle Prüfungen ablegten. Und jetzt, da sie „Halbzeit“ hätten, müssen sie erkennen, daß sie trotz aller Bemühungen insgesamt mindestens zwölf (Durchschnitt aber 14) Semester zu studieren haben werden. Als sie inskribierten, hieß es laut Studienplan acht Semester zum Diplom, und nun schleicht sich eine Unzahl von einander widersprechenden Vorschriften an das Schwarze Brett. Vielleicht, um das Chaos auf einer Kanzel etwas zu verringern, aber um an anderer Stelle nur größeres Chaos zu verursachen. Und der Student steht vor der großen Frage: „Wie sag’ ich’s meinen Eltern?“

Könnte man da nicht von der Hochschule oder, besser noch, vom Ministerium verlangen, daß sie den Studenten in dieser Frage helfen und den Eltern sagen: „Nicht eure Kinder haben versagt, sondern wir!“ An den Akademien sieht es nicht ganz so schlecht aus, obwohl auch hier katastrophale Raumnot herrscht. Durch eine strenge Aufnahmeprüfung wird die Hörerzahl jedoch sehr begrenzt.

In einer Art seminaristischem Lehrbetrieb übernimmt im Laufe der Zeit der Schüler stark die geistige Haltung seines Professors, der ihn durch alle acht Semester leitet. In einer Diskussion mit Studenten der TH ließ einmal einer die herablassende Bemerkung fallen: „An den Akademien gibt es ja nur Jünger ihrer Professoren!“ Etwas Wahres wird dem schon anhaften, doch Hand aufs Herz: Gäbe es doch mehr Rainer- und Plischke-Jüngerl

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