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Gidon Kremer

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Wir hörten den 1947 in Riga geborenen Gidon Kremer im Winter 1970 zum erstenmal in Wien. Aus dem —: damals — schönfrasierten, dunkelhaarigen, adretten Jüngling ist inzwischen ein blonder Hippie geworden. Also einmal keiner aus der berühmten Odessaer Geigenschule mit den unverkennbaren deutsch-jüdischen Namen, sondern ein junger Deutschbalte, der seine herrliche Guadanini bereits von seinem Großvater, einem gewissen Professor Brückner, geerbt hat. — Gidon Kremer ist nicht nur ein exzellenter, technisch perfekter und mitreißender Geiger, sondern auch ein raffiniertsensibler Künstler, ein Ästhet von hohem Rang. Wer wagt schon, die ergreifend-schöne, nur Wenige Minuten währende „Elegie“ von Stra-winsky aus dem Jahr 1944 an den Anfang eines Programms zu setzen? Für Violine solo geschrieben, täuscht sie Drei- und Vierstimmigkeit vor und strahlt eine Trauerstimmung von ganz besonderer Art aus. — Sergei Prokofjews f-Moll-Sonate op. 80 ist gleichfalls ein Meisterstück besonderer Art. (betragene Melodien (im 1. Satz) werden von Läufen untermalt oder abgelöst, die in rasendem Tempo dahinhuschen. Das Andante ist von ähnlicher Art: wie im Delirium flüsternd, und erst der Schlußsatz (Allegrissimo) läßt dem Virtuosen freien Lauf. — Kremer bringt das alles auf faszinierende Weise, und Oleg Maisenberg assistiert ihm am Bösendorfer kongenial: ein vorzüglicher, poetischer Musiker. — Danach wirkte Schuberts etwas weitschweifige Introduktion mit Variationen e-Moll (D 208) ein wenig simpel. — Den Abschluß bildete dann nicht etwa die als letztes Stück auf dem Programm angegebene Bach-Partita E-Dur (BWV 1006), sondern ein kleines Zugabenkonzert, das von Webern bis Pagani-ni reichte. — Der Applaus für die beiden jungen Musiker erreichte höchste Stärkegrade.

Evelyne Dubourg, in der Schweiz ansässige Pariser Pianistin, spielte im Brahmssaal Klavierwerke von Mozart, Schumann, Skrjabin und Debussy. Eine Künstlerin von Rang, vermochte sie besonders dem zweiten Teil des Abends Relief und Bedeutung zu geben, mit Werken, in denen ihre große Anschlagskultur zur Geltung kam. Zumal Debussy, aber auch die erste Sonate von Skrjabin gewann allen wünschenswerten Nuancenreichtum, während Mozart und Schumann etwas blaß blieben. Obwohl durch Nervosität beeinträchtigt, war die Leistung der Pianistin werkgerecht und ansprechend.

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