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Giulinis Brahms- Requiem, Moskauer Philharmonie

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Für Brahms’ „Deutsches Requiem“ ist Carlo Maria Giulini ein idealer Interpret. Ein Werk, das für sein Temperament, seine Freude an mystischer Atmosphäre, sein Raffinement der Orchesterführung wie maßgeschneidert ist. Da kann er glanzvolle dramatische Steigerungen und Ausdruckstiefe auskosten, in Klangluxus schwelgen. Die Sonntagsmatinee im Musikverein war ein glanzvolles Ereignis.

Vor allem eine Besetzung in Bestform. Den Staatsopernchor hat Norbert Baiatsch .auf Intensität, Farbdichte, exakte Wortdeutlichkeit trainiert. Wie Meeresbrandung rollen die Steigerungen heran. Sheila Armstrong und Tom Krause sangen die Soli mit schöner Verinnerlichung.

Giulini versteht die Leistung der Symphoniker zu steigern, das Spiel jeder Instrumentengruppe prächtig zu modellieren. Aber bei aller Theatralik hat man bei ihm immer das Gefühl, daß seine Deutung „stimmt“. Das Gefühl ist nicht aufgesetzt, herbstliche Farben, Trauer und Erlösungsglauben fügen sich zu einem Bild von straffer Einheitlichkeit *

Die Moskauer Philharmoniker sind in Wien schon seit Jahren nicht mehr gewesen. Jetzt kamen sie unter ihrem neuen Chef Dimitri Kita- enko in den Musikverein und spielten ein Bravourprogramm von eher ungewöhnlichem Zuschnitt, das Begeisterung auslöste: Rachmani- noffs Symphonische Tänze, Proko- fieffs 3. Klavierkonzert und Maurice Ravels „La Valse“. Ein hervorragendes Orchester, sehr diszipliniert, mit vollem, rundem Klang in den Streichern (der Schmelz der Leningrader fehlt ein wenig), die Bläser sehr sicher und sehr differenziert in der Farbgebung. Kita- enko ist souveräner geworden, hat an Persönlichkeit gewonnen. Karajan hat recht behalten, als er dafür war, ihm den Preis des Berliner Karajan-Wettbewerbs zuzuerkennen. Natürlich ist er kein Mann subtiler Gefühle. Aber ein Artist von Graden, einer, der das Orchester zu Höchstleistungen mitreißt.

Ereignis des Abends war allerdings Wladimir Krainjew, der 33jährige Pianist aus Krasnojarsk. Der Schüler Neuhaus’ und Tschai- kowsky-Preisträger, arbeitet am Klavier wie ein Motor. Prokofieffs motorische Entladungen, diesen rabiaten Hammerwerkstil des 3. Klavierkonzerts, trifft er mit erstaunlicher Virtuosität und Eleganz. Und ohne, daß er in leerem Draufloshämmern sich erschöpfte. Im Gegenteil, im Variationensatz schwingt ein Hauch Poesie, die Krainjew mit fein aus tariertem Anschlag gestaltet. Eine Persönlichkeit am Klavier, von der man noch viel erwarten darf.

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