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Alterswerke dreier Großer

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Das am ersten Abend des Konzerthaus-Zyklus „Vorwiegend Haydn“ gespielte Programm (Haydn, Rach- maninow und Bartök) zeigte das Schaffen dieses Komponisten in ihren späten Lebensjahren. Haydns 1794 in London erstmals gespielte D-Dur- Symphonie „Die Uhr“ eröffnete, durchsichtig in der Stimmführung der variablen Abwandlungen zur Darstellung gebracht, die Vortragsfolge. Zum eigenen Gebrauch schrieb Rachmaninow seine „Rhapsodie für Klavier und Orchester über ein Paganini-Thema“, die in ihren Variationen zu einer symphonischen Einheit zusammengefaßt, ebenso einer grandiosen Virtuosität wie einer romantischen Kantilene gerechten Anteil zukommen läßt. Rudolf Buchbinder bewältigte den mit komplizierten Rhythmen gespickten Solopart mit einem virtuosen Feuerwerk der Hände, ließ aber den Steinway in den schwärmerischen Melodiebogen auch gefühlsvoll aussingen. Zum Schluß hörte man Bartöks ein Jahr vor seinem Tod geschriebenes „Konzert für Orchester“, das der Komponist die Inspiration aus den von Kodäly propagierten soldatischen „Werbeweisen“ und der von Bartök selbst erforschten Bauemmusik empfing. In souveräner, kenntnisreicher Benützung des überstark besetzten Orchesters kommen die einzelnen Instrumentengruppen abwechselnd zum Zug, bei denen besonders die Bläser herangezogen werden. Kammermusikalisch gehaltene Teile („Elegie“) wechseln mit Stellen fanatischer Wildheit („Intermezzo inter-

• Franz Peter Künzel, der 1968 mit dem Ubersetzerpreis des tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes ausgezeichnet worden ist, erhielt die diesjährige Ehrengabe des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie für seine Verdienste um die Übertragung und Verbreitung tschechischer und slowakischer Gegenwartsliteratur.

rotto“) ab. Eliahu Inbai gehört der in der letzten Zeit stark anwachsenden Zahl begabter israelischer Dirigenten an. Er verfügt bei deutlicher Zeichengebung über großes, schlagtechnisches Können und eine mit seltener Klarheit sich manifestierende Rhythmik, die er dem Orchester suggestiv mitzuteilen versteht. Die Wiener Symphoniker mit dem energiegeladenen Konzertmeister Topolski an der Spitze folgten dem Dirigenten in vollster Konzentration, so daß eine mit viel Beifall aufgenommene Aufführung zustandekam.

P. L.

Garrick Ohlsson, 23, Amerikaner, Busoni- und Chopin-Wettbewerbspreisträger, debütierte im Zyklus „Die Große Symphonie“ im Musikverein mit Sergej Rachmaninows

3. Klavierkonzert (d-Moll): ein rasanter Techniker, der die vollgriffigen Akkordgänge bravourös in den Steinway hämmert, ein sympathischer junger Künstler ohne alle Starallüren. Nur für Rachmaninow sicher nicht der richtige Interpret: Was einst die Anbeter des großen alten „Klaviertigers“ an seinen Werken hingerissen haben mag, versteht er nicht herauauszuarbeiten: die kapriziöse Melancholie, die mondäne Eleganz, die Mischung aus Sentiment und Salonparlando…

Walter Wellers Wiedergabe von Tschaikowskys „Fünfter“ war das Ereignis des Abends: eine Aufführung von theatralischer Leidenschaftlichkeit. Weller modelliert die üppigen Kantilenen, hebt Details heraus, läßt Bläser und Schlagwerk blitzen. Und in der Dynamik und Nuancenauswahl traut er sich, mit bunten Farbben aufzutrumpfen. Die Symphoniker spielen spürbar engagiert, ließen es nicht an Exaktheit fehlen. Rossinis „Tell“-Ouvrtüre schien hingegen g’eichsam in ihre Partikel zu zerfallen. Zuviel schön musizierte Details, die Weller nicht zur Einheit zu binden wußte.

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