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Gute Zusammenarbeit der Kulturinstitute am Tiber

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Unter den österreichischen Instituten im Ausland ist das österreichische Kulturinstitut in Rom das älteste. 1881 als Istituto Austriaco di Studii Storici gegründet, gingen von dieser Einrichtung zahlreiche Impulse für die Begegnung österreichischer und italienischer Wissenschaft und Kultur aus.

Seit der Gründung des Instituts durch den Historiker Theodor v. Siekei waren zwei Aspekte für die wissenschaftliche Tätigkeit des österreichischen Kulturinstituts wesentlich: die Benützung der römischen und italienischen Bibliotheken und Archive für das Studium der österreichischen Geschichte und die Beteiligung an der Erforschung der Geschichte des Papsttums und der römischen Kurie. Schwerpunkte der Forschungsarbeit sind derzeit die Herausgabe der Regesten Innozenz’ III. und die Untersuchungen über die Nuntiaturberichte aus dem 16. Jahrhundert.

Mit dem Verhältnis Österreich-Italien direkt befassen sich die Forschungen über die Auswirkung der Aufklärung in Italien auf Österreich und über den Einfluß der österreichischen Herrschaft im Italien des 19. Jahrhunderts. Von kulturpolitischem Interesse ist die Herausgabe der mittelalterlichen Grabdenkmäler in Rom und Latium (13. bis 15. Jahrhundert), da viele der Grabplatten schon stark beschädigt sind.

Mit anderen Kulturinstituten veranstaltete Tagungen und gemeinsame Publikationen zeigen die bedeutende Stellung des österreichischen Instituts unter den in Rom tätigen Akademien: 1976 erschien in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Institut und mit dem Holländischen Institut der Band „Rom in der Neuzeit. Politische, kirchliche und kulturelle Aspekte“, und 1974 fand eine Tagung über „Kirchenpolitik in Österreich,

Deutschland und Italien zwischen den beiden Weltkriegen“ statt, an der sich außer dem österreichischen Institut auch das Deutsche Historische Institut und das Istituto di Storia delle Istitu- zioni Religiöse e Relazioni tra Stato e Chiesa dell’ Universitä di Firenze beteiligten.

Auch der Umstand, daß der Direktor des österreichischen Instituts, Prof. Dr. Heinrich Schmidinger, heuer zum zweiten Mal Präsident der Unione In- temazionale degli Istituti di Archeolo- gia, Storia e Storia dell’ Arte in Rom ist, zeigt die Wertschätzung, deren sich das österreichische Kulturinstitut erfreut.

Durch das österreichisch-italienische Kulturabkommen von 1935 wurde das historische Institut zu einem Kulturinstitut erweitert, wobei die besonderen Bedürfnisse der Geschichtswissenschaften durch die kulturelle Tätigkeit nicht beeinträchtigt werden sollten.

Die kulturellen Aktivitäten des römischen Instituts beschränken sich nicht auf spektakuläre Ereignisse, wie große Ausstellungen (Fritz Wotruba in Mailand und Florenz; „Vienna a Roma“ in Rom und Florenz) oder ein Gastspiel der Staatsoper beim Maggio Musicale in Florenz; es wird vielmehr versucht, durch tägliche Kleinarbeit Informationen anzubieten und Kontakte zwischen interessierten Institutionen und Personen herzustellen. Dadurch kann eine Beschränkung der Kulturarbeit auf elitäre Schichten vermieden und eine größere Breitenwirkung erzielt werden.

Ein typisches Beispiel für die Zusammenarbeit zwischen österreichischen und italienischen Stellen ist die unlängst erschienene Sondernummer der Kulturzeitschrift „II Veltro“, in der sich bedeutende Spezialisten der Geschichtsforschung, der Kunst, der Literatur und der Kulturpolitik mit ver schiedenen Aspekten der Beziehungen zwischen Österreich und Italien auseinandersetzen.

Einige Beiträge dieser Publikation zeigen Schwerpunkte des italienischen Interesses an Österreich und seiner Kultur auf; „Der Neopositivismus und die italienische Philosophie“, „Freud in Italien“, „Kelsen und das juristische Denken in Italien“, „Thomas Bernhard - die Geometrie der Finsternis“.

Die Beschäftigung mit österreichischer Literatur, Psychologie oder Philosophie beeinflußt immer mehr die Kulturszene in Italien, was sicher auch der Aktivität des Römischen Instituts zuzuschreiben ist. Hugo von Hofmannsthal, aber auch andere österreichische Dichter werden in Italien für Theater oder Fernsehen bearbeitet: Hofmannsthals „Schwieriger“, „Elektra“ und die Tragödie „Der Turm“, Schnitzlers „Anatol“ und Horvaths „Geschichten aus dem Wiener Wald“.

Auch italienische Übersetzungen österreichischer Autoren, die im letzten Jahr erschien sind (Franz Innerhofer, Alfred Adler, Karl Popper, Rainer Maria Rilke, Joseph Roth) zeigen ein steigendes Interesse der Italiener für Österreich.

Am Beispiel von Joseph Roth wird die Wirkung von Aktivitäten des österreichischen Instituts deutlich: 1973 veranstaltete das Institut eine Tagung über „Joseph Roth und die ostjüdische Tradition“ und 1977 erschien die italienische Übersetzung von Joseph Roths „Hiob“. Doch auch bei der Bewahrung des literarischen Erbes Österreichs konnte das Römische Institut Erfolge erzielen: Das Kulturinstitut erwarb den Nachlaß von Robert Musil für die Republik Österreich.

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