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James Bond als Realität

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„Doktor No“, Ian Flemings Anti-held, könnte Wirklichkeit werden. Experten der amerikanischen Atomenergie-Kommission halten es für möglich, daß Terroristen Uranium oder Plutonium zur Herstellung hausgemachter Taschenatombomiben stehlen könnten. Der demokratische Senator von Connecticut, Abraham Ribieoff, erhielt eine Studie von Experten und gab sie weiter an das Komitee für Atomenergie. „Es besteht eine große und wachsende Gefahr“, weil „die Bewachung unzureichend ist“ und die Terroristengruppen sich Instruktionen verschaffen können, wie man Atombomben einfach und billig erzeugen kann.

Die Sachverständigen wollten keinen Alarm schlagen und nur hervorheben, daß effektvollere Schutzsysteme notwendig seien. Es handelt sich immerhin um eine weltweite Gefahr, da in Dutzenden von Staaten Plutonium und Uranium in verschiedenen Verarbeitungsstadien lagert.

Was könnte „Doktor No“ planen? „Doktor No“ könnte Amerika, Europa, China, Rußland, Indochina oder auch den Nahen Osten erpressen. Er könnte Regierungen ein Ultimatum stellen, mit einer Nuklearexplosion in Weltstädten drohen, nationale und internationale Organisationen, Staatsmänner oder Millionäre unter Druck setzen.

Der Terrorismus hat eine lange Geschichte. Es gab Anarchisten, Anarchosyndikalisten, geheime Terrorgesellschaften schon vor Jahrzehnten, aber der Terrorismus weltweiten Stils ist für unsere Zeit charakteristisch geworden. Es begann mit Flugzeugentführungen, Menschenraub, mit dem Erscheinen fanatischer Stadtguerilleros, es wurden zahllose unbeteiligte Mensehen getötet und schreckliche Massaker veranstaltet Die UNO erwies sich wieder einmal als machtlos und vermochte nioht einmal eine Resolution zu verabschieden.

Eine Hauptursache für die Ausbreitung des Terrorismus ist es, daß die verhafteten Terroristen bisher nie entsprechend bestraft wurden. Laut britischer Statistik sind 50 Terroristen im Laufe eines Jahres gefangengenommen worden. Dreizehn von ihnen wurden durch andere Terrorgruppen wieder befreit, 23 entzogen sich auf andere Art der Haft, sieben warten auf ihren Prozeß und nur restliche sieben wurden verurteilt. Da die Regierungen Angst vor der potientiellen Gefahr haben, wollen sie gefangengenommene Terroristen schleunigst loswerden.

Anscheinend sind die japanischen Terroristen die fanatischesten. Zur Zeit des Massakers von Lod entdeckte die japanische Polizei nördlich von Tokio die „Japanische Rote Armee“. In den Bergen, wo diese Bande operierte, fand die Polizei 14 Leichen von Mitgliedern derselben Gruppe, offenbar exekutierte Verräter. Schließlich konnten der Gruppenchef, der 27 Jahre alte Tsuneo Mori, und ein Mädchen namens Hiroko Nagata verhaftet werden. Wer von den Bandenführern als „Schwächling“ beurteilt worden war, hatte, wie die Untersuchungen ergaben, mit dem Leben büßen müssen. Wenn ein Mädchen oder ein Bursche sich verliebten, mußten sie wegen solch „bürgerlicher Inklination“ sterben. In einem Fall hatten zwei Brüder ihren älteren Bruder hingerichtet Ein anderes Mal hatte eine junge Frau mit ihrem Kind auf dem Arm die Hinrichtung ihres Ehemannes mitangesehen. Alle Opfer, Mitglieder der eigenen Bande, waren gefoltert und dann erwürgt worden.

Während der vergangenen acht Jahre gab es mehr als 400 Flugzeugentführungen, nur 300 von ihnen waren erfolgreich. Allein im Jahr 1972 starben 140 Fahrgäste und Besatzungsmitglieder, 77 wurden schwer verletzt. Nur strengere Kontrollen und elektronische Einrichtungen haben die Gefahr einigermaßen verringern können. Die Entführung von Geschäftsleuten und ihren Familienmitgliedern ist zur Weltepidemie geworden. Und wer kennt den derzeitigen Kurswert eines Botschafters, eines Millionärs, Generals, Staatsmannes, Ministerpräsidenten, Königs, Staatspräsidenten? Terroristen handeln irrational, niemand kann mit ihnen streiten.

Experten halten es für sinnvoll, verhaftete Terroristen zum Tode zu verurteilen, aber das Urteil nur dann zu vollstrecken, wenn „Terroristenkameraden“ weitere Terrorakte begehen. Andere plädieren für die Einführung des „effektiven brasilianischen Systems“. Brasilianische Terroristen töteten mehr als 100 Personen zwischen 1965 und 1971 und die Liste ihrer anderen Schandtaten war lang. Die brasilianische Militärregierung erklärte das Problem zur Angelegenheit der „nationalen Sicherheit“ und begann einen „internen Krieg“ gegen die Guerilleros. In diesem „Krieg“ fielen Dutzende von Terroristen, unter ihnen der Terroristenohef und Ideologe Mariganhella, der den „Katechismus für Stadtguerilleros“ verfaßt hatte. Er starb während einer Schießerei mit der Polizei in Säo Paulo. Seither, es sind bereits drei Jahre vergangen, gab es keine einzige politische Entführung mehr in Brasilien. J

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