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Konzerte

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Unter den Klavierstars mit Primadonnenallüren nimmt er wohl einen der ersten Plätze ein: Arturo Benedetti-Michelangeli, einer der meistgefragten Pianisten der Welt, aber wohl auch einer der verläßlichsten „Absager“. Immerhin, dem Wiener Konzerthaus ist es gelungen, ihn zum Festivalabschluß zu holen. Und Benedetti spielte ein Programm ganz nach seiner Gefühlslage: Debussys Prėludes (1. Band), Brahms’ Balladen op. 10 und Beethovens c-Moll-Sonate (op. 111). Ein Pianist, bei dem Klavierspiel ans Kultische grenzt. Wie er sich einstimmt, wie er seinen Anschlag reguliert, wie er Gefühle und Stimmungen und Farben auskostet … Das gleicht einem Zeremoniell, bei dem freilich nur er selbst alle Details kennt. Denn wenn er erst einmal spielt, ist ęr einge- sponnen in seine Empfindungen, in seine Welt.

Aber dementsprechend intensiv wirken dann auch seine Wiedergaben. Debussys kleine Stücke: nicht so kristallen glasklar, wie etwa bei Gulda, auch nicht so brillant wie bei den meisten jungen Starpianisten. Benedetti spielt sie mehr verhalten, nachgedunkelt, melancholisch. Etwas Tieftrauriges breitet sich über diesen „Schritten im Schnee“, über den „Tänzerinnen von Delphi“, über den „Hügeln von Ana- capri“ aus. Und diese Düsterkeit lastet auch auf seinem Brahms, der die schottische Schwermut des „Edward“ atmet. Aber auch bei Beethovens Opus 111, ja nicht einmal in der Arietta, macht er eine Ausnahme. Seine Welt, seine Stimmung färben alles ein. Manchmal greift er allerdings auch zu drastischeren Mitteln. Etwa wenn er Bögen zerdehnt und Phrasen überspannt oder wenn er rhythmische Details sehr eigenwillig nachempfindet. Und dann kann er’s eigentlich nicht recht verleugnen, daß er in der Dominanz seiner Persönlichkeit wie im Gestus seines Spiels im Grunde den großen Pianisten des vorigen Jahrhunderts wohl viel nähersteht als seinen „modernen“ Zeitgenossen. Etwa einem Pollini oder sogar einem Svjatoslav Richter.

Als große Oper dirigierte Carlo Maria Giulini im Konzerthaus Verdis Messa da Requiem. Und das heißt, daß er vor allem an die Praxis italienischer Dirigenten seit Toscanini anschließt und dieses Werk weniger spekulativ sieht, denn vielmehr als Handwerker. Harte Gegensätze, große Effekte, das Schwergewicht auf solistischen und Chormomenten, tragen diese Aufführung. Allerdings hatte das Solistenquartett nicht die Ausgewogenheit, die man etwa von Karajans Aufführungen kennt. Brigitte Fassbaender beeindruckte vor allem durch die Innigkeit des Ausdrucks, Katia Ricciarelli sang eher laut und auftrumpfend. Und da hätte man tiefere Verinnerlichung und feineres Differenzieren in den Timbrequalitäten mehr geschätzt. Jose Carreras ließ sich vor allem im Piano Probleme anmerken; Ruggiero Raimondis Beiß klang etwas rauh und massiv und wollte sich nicht so ganz überzeugend ins Quartett fügen. Dennoch aber eine Aufführung von starken Eindrük- ken und vielen schönen Momenten.

H. L.

Die Konzerte „an historischen Stätten rund um Wien“ zur Zeit der Wiener Festwochen sind für Kenner und vor allem’ für Fremde ein verständlicher Anreiz, so im Beethoven-Haus in Baden (das heuer leider baupolizeilich gesperrt war). So sang im hübschen biedermeierlichen Haus der Kunst diesmal der junge Bariton Peter Weber, begleitet von Erik Werba, mit schöner und leichtgeführter Stimme Lieder von Beethoven und Schubert. Die zur Haydn- und Mozart-Spezialistin avancierte Cemba- listin Gudrun Margarethe Schmei- ser spielte mit gestalterischer Kraft und technischer Brillanz Stücke von Haydn und die bekannten Variationen „Ah, vous dirais-je, Ma- man“ von Mozart.

JOHANN DENGLER

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