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Melles: Mahler und Mozart
Im sechsten Konzert des Zyklus „Die Große Symphonie" dirigierte Carl Melles die Wiener Symphoniker. Jörg Demus und Norman Shetler spielten das Konzert für zwei Klaviere und Orchester Es-Dur von Mozart. — Über die erste Nummer des Programms möchte man am liebsten schweigen, denn dieser Interpretation fehlte, obwohl die Noten leidlich genau wiedergegeben wurden und das Zusammenspiel der beiden Pianisten gut klappte, so ziemlich alles: Saft und Kraft, Pfeffer und Salz sowie alles übrige… Die fast dreimal so lang dauernde 5. Symphonie von Gustau Mahler wirkte wesentlich kürzer und — soweit man dies von einem so gewaltigen Werk sagen darf — unterhaltsamer. Julius Komgold, der Chefkritiker der „Neuen Freien Presse", der durch seine Fehlurteile ebenso bekannt geworden ist wie als Vater von Erich Wolfgang und der im Programmheft als „federgewaltig" bezeichnet wird, hat auf die Frage, was denn in Mahlers merkwürdiger Symphonie vorgehe, die lapidare Antwort gegeben: „Zwanzigstes Jahrhundert geht vor." Eine kühne Behauptung, da dieses Werk, in den ersten Jahren des neuen Säkulums entstanden, bereits 1904 in Köln und im Jahr darauf auch in Wien unter Mahlers Leitung aufgeführt wurde. Zu dieser Musik mit ihrem Pathos, ihrer Trauer und ihrem ganz dem Jahrhundert verhafteten gefühlvollen Lyrismus hat Melles ein unmittelbares Verhältnis. Aber auch das kaleidoskopisch die Bilder wechselnde Scherzo und der graziös beginnende Schlußsatz mit dem ganz unakademischen Fugato gelangen ihm gut. Die Wiener Symphoniker, seit 25 Jahren mit dem Werk Mahlers vertraut, spielten nicht nur genau und ausdrucksvoll, sondern auch mit ganz besonders schönem Ton, worauf Melles besonderen Wert gelegt zu haben scheint Wollte man einzelne hervorheben, so wären es der erste Trompeter und, im Ada-gietto, das gesamte Streicherkorps. Aber das wäre ungerecht, denn das ganze Orchester gab sein Bestes. Und das ist, wie man weiß, sehr viel. Erfreulich auch, daß neben den ein wenig abgespielten frühen Werken nun auch die großen Instrumentalsymphonien 5 bis 7, 9 und 10 immer häufiger auf unseren Programmen stehen und dem Publikum vertrauter werden. (Im Rimdiuhk: am 14. März um 11.15 Uhr in ö 1.)
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