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Weihnachtsoratorium und Mahler
Der Wiener Jeunessechor, das Wiener Barock-Ensemble und eine Reihe sehr richtig ausgewählter Instrumentalsolisten musizierten unter Leitung von Theodor Guschlbauer das Weihnachtsoratorium von J. S. Bach. Die Gesangsolisten waren Gerlinde Lorenz, Pari Samar, Heribert Ronge, Minoru Sunagawa und Olav Eriksen, alle mit großem Eifer bei der Sache, mit entschiedenem Vorrang der beiden Damen und des Evangelisten Ronge. Hauptgewicht und beste Leistung des Abends war der Chor, der mit mustergültiger Disziplin und absoluter Sicherheit sang und dessen junge Stimmen nur in der Höhe gelegentlich scharf klangen. Vom Orchester sind neben der sehr guten Leistung der Soloparts, die Bläser vor den Streichern zu nennen. Letztere erreichten selten die Präzision des Chores. Der Dirigent führte mit Umsicht und Temperament aber — leider — mit zuviel Forte das Riesenwerk der sechs Kantaten zu einem bedeutenden Erfolg. Franz Krieg In dem Zyklus „1914 — Ende und Wende“ dirigierte Hans Swarowsky im Großen Sendesaal des österreichischen Rundfunks sechs frühe Orchesterlieder on Arnold Schönberg und Gustav Mah lers VI. Symphonie. Beide Werke sind etwa gleichzeitig, um 1906. entstanden. Die ersten drei Orchesterlieder auf Texte von Heinrich Hart und aus „Des Knaben Wunderhorn“ stehen , noch diesseits der großen Wende in Schönbergs Schaffen, die drei folgenden, auf Sonette von Petrarca, künden bereits in Stil und Ausdruck die späteren George-Lieder an. Eberhard Katz, hierorts unbekannt, scheint ein geborener Wagner-Sänger zu sein. Trotzdem wurde sein kräftiger metallischer Tenor zuweilen vom Orchester zugedeckt. — Mahlers Sechste, ein großes und großartiges Werk, ist das mittlere jener Trias von Instrumentalsymphonien. die viel zu selten aufgeführt werden. Sooft bzw. so selten man es hört: immer wieder bewundert man den Reichtum der Erfindung, die Intensität der Aussage und die synthetische Kraft, mit der diese vier großen Sätze geformt sind, unter denen der letzte der monumentalste ist. Dieses fast halbstündige Finale ist nicht nur der größte Instrumentalsatz Mahlers, sondern gewissermaßen auch das Herzstück seines symphonischen Werkes. Neben den wuchtigen Märchen und Visionen künftiger Schrecken steht Lyrisch-Zartestes in zauberhaften impres sionistischen Farben. Wir meinen etwa im 1. Satz den nostalgischen Klang von Herdenglocken, Flöten und Pauken über dem tiefen, liegenden D, darüber die geteilten Streicher und Celesta-Klänge.
Doch muß hier auch von der Interpretation gesprochen werden. Sie kann als im höchsten Grad eindrucksvoll, ja, als vollkommen bezeichnet werden. Dieses Lob gilt gleicherweise dem Dirigenten wie dem Orchester der Wiener Symphoniker, das sich in fünf Proben das schwierige Werk dermaßen zueigen gemacht hat, daß es mit aller wünschenswerten Präzision, Leuchtkraft und Intensität zur Darstellung kam. Hans Swa-
rowsky aber beherrschte und führte das 100-Mann-Ensemble, mit seinen acht Hörnern, sechs Trompeten und dem mächtigen Schlagwerkapparat, wie ein Feldherr. — Am vergangenen Sonntag vormittag war das Konzert auch im Rundfunk zu hören, und man sah dieser Wiederholung nicht ohne Sorge entgegen. Würden die Mikrophone diese Klangfülle in ihrer ganzen Differenziertheit fassen können? Aber siehe da: Die Techniker und der künstlerische Leiter der Übertragung hatten es verstanden, zu zaubern, es klang alles nicht nur deutlich, sondern auch sonor und prächtig. Ein vorweihnachtliches Festkonzert und ein würdiger Beitrag tum 40jährigen Jubiläum des österreichischen Rundfunks.
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