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Ohne Eis kein Preis

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Ein Mädchen mit Anorak, Uberhose und Moonboots dick vermummt, trainierte Claudia Kristofics-Binder kürzlich Wiens künftige Eissternchen. Doch zum Gespräch erscheint dann eine flotte junge Dame: Die langen, brünetten Haare trägt sie offen, das gibt dem schmalen, markanten Gesicht eine weichere Note.

Wie kommt Österreichs beste aktive Eiskunstläuferin zur Arbeit mit dem Nachwuchs? Claudias Trainerin Evelyn Schneider hat gerade ein Baby bekommen, und so wird sie eben von ihrer Vorzugsschülerin vertreten. Der Umgang mit Kindern bereitet unserem Eisstar viel Freude. „Obwohl es nicht so leicht ist, mit besseren Eisläufern wäre es sicher einfacher" bekennt sie und fügt dann hinzu: „Aber sie sind schon dankbar, wenn man ihnen etwas sagt,, die wissen ja nicht, was sie tun sollen."

Möchte Claudia nach der eigenen Karriere auch anderen zum Erfolg verhelfen? „Vielleicht" - aber bis dahin hat die bald 19jährige wohl noch einige eigene Konkurrenzen zu bestreiten.

„Training, Training, Training" - so lautet jetzt die Devise im Leben der Claudia Kristofics-Binder. Vor ihr liegt eine lange Saison, deren Höhepunkte die Europa- und Weltmeisterschaften in Innsbruck beziehungsweise in den USA sein werden. Aber ohne (ständiges Üben auf dem) Eis kein Preis.

Österreichs Stütze im Eiskunstlauf möchte heuer unbedingt auf dem Sieger-Stockerl stehen, und dafür ist sie auch bereit, viel zu opfern. Noch macht es ihr Spaß, täglich fünf Stunden auf dem Eis zu trainieren, nachmittags zu lernen und abends Ballett und Konditionsübungen zu absolvieren. Manche Abende widmet sie auch ihrer neuen Liebe, dem Jazzballett, das sie vor einem halben Jahr entdeckt hat.

Beneidet Claudia da nicht manchmal ihre Altersgenossinnen, die keinem so strengen Tagesablauf unterworfen sind? „Nein, gar nicht. Ich könnte mir ein Leben ohne Eislaufen überhaupt nicht vorstellen. Da wäre mir furchtbar fad."

Unter dem dauernden Training und der Abwesenheit in der Schule litt auch das Verhältnis Claudias zu ihren Mitschülerinnen. Während sie in der Welt herumgondelt, müssen die anderen die Schulbank drücken. Claudia sahen ihre Kolleginnen fast wie einen Star im Fernsehen. So hielt man sie für eingebildet und trieb sie zwangsläufig in die Isolation.

Inzwischen besucht unsere Para-deeisläuferin eine Maturaschule, weil Hochleistungssport und Ausbildung heute nicht mehr miteinander vereinbar sind. Im Frühjahr, nach den schweren Konkurrenzen, will sie auch noch die Maturahürde nehmen.

Was macht Claudia, wenn sie gerade nicht trainiert? Nach der Saison geht sie einmal ausgiebig Schifahren. Oder sie genießt die Sonne an einem Strand am Mittelmeer. Auch Diskotheken besucht sie gerne. Aber leider nur im Frühjahr, denn „sonst muß ich am nächsten Tag um acht ja wieder auf dem Eis stehen." Claudia ist eben ein Mädchen wie jedes andere auch.

Wann hat Claudia sich endgültig fürs Eislaufen entschieden? „Es ist eigentlich ganz von selbst gekommen. Wahrscheinlich aber mit neun, zehn." Das erste Mal stand sie mit vier Jahren auf dem Eis. Ein Jahr später besuchte sie einen Kinderkurs, bei dem das Talent ihres Bruders erkannt wurde. Die Mutter bestand jedoch darauf, daß entweder beide eislaufen oder eben keiner. Seither steht Frau Kristofics-Binder immer an der Bande, hilft weiter, wennes einmal nicht ganz klappt, organisiert Ballettstunden oder Konditionstraining und versucht, es den Kindern auch sonst an nichts fehlen zu lassen.

Wie erlebt Claudia die großen Konkurrenzen? „Vor dem Laufen bin ich immer sehr nervös. Aber wenn ich dann endlich am Eis stehe, ist die Nervosität wie weggeflogen." Etwas hat sie im großen Rummel bei den Wettkämpfen schätzen gelernt. Sie zieht sich gerne zurUck, um mit Gott allein zu sein, mit ihm sprechen zu können.

„Beten ist wie Atmen" sagt sie. Der Glaube gehört zu ihrem Leben. Sie stammt aus einer religiösen Familie, der Vater ist evangelisch, die Mutter katholisch. Schon früh waren die Kinder mit religiösen Werten vertraut. So besuchte Claudia eine Klosterschule und schließlich das Piaristengymna-sium. Uber Religion wird in der Familie nicht viel gesprochen, „aber jeder lebt seinen Glauben auf eine eigene Art. In entscheidenden Augenblicken wissen wir, was uns besonders verbindet".

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