Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Phantasielose Präsentation
Kärntner Kunst seit 1910 - man durfte sich unter diesem Motto in der Wiener Secession etwas erwarten, wichtige Bilder, ein Wiedersehen mit großen Namen, vielleicht auch eine Dokumentation, die mehr ist als bloße Repräsentation, die neue Bezüge vermittelt, Entwicklungen verdeutlicht. Doch nichts von alledem findet man dort.
„Der geistige Austausch zwischen Wien und Kärnten hat auf dem Gebiet der Bildenden Künste eine lange Tradition“, schreibt Landeshauptmann Wagner im Vorwort des Katalogs. Von dieser Tradition ist nichts zu spüren, nicht einmal im schlechtesten Sinn des Wortes. Vielleicht wollte man ausbrechen aus der Tradition. Doch dann hätte man ein Ausstellungskonzept anbieten müssen. Eine echte Dokumentation, keine Aneinanderreihung von Namen und mitunter zweitrangigen Bildern. So triumphieren Phanta-sielosigkeit, Nichtssagendes. Schade.
Gewiß,fast alle berühmten Künstler sind vertreten, von Wiegele über Kolig, Böckl, Maria Lassnig bis zu den Modernen wie Gironcoli, Rainer, Maina Schellander oder Wu-kounig. Die Kärntner Malerei hat sich auch nicht bruchlos entwickelt-fast immer dominierten Außenseiter, Einzelgänger. Es gab keine verbindliche Schule. Doch ganz ohne innere Bezüge, ohne formale und inhaltliche Zusammenhänge ging das Ganze auch nicht vor sich. Gerade hier hätten sich Themata angeboten. Wie die Beziehung zur Natur, zur entfremdeten Natur, die immer wieder visualisiert wurde.
Oder das Problem der künstlerischen Emigration, zu der sehr viele gezwungen wurden, die bei vielen Spuren hinterlassen hat, Spuren, denen man in einer Dokumentation auch hätte nachgehen können. Alles das hat man unterlassen. Aus Desinteresse? Aus mangelnder Qualifikation?
Stattdem hat man Bilder aufgehängt, streng nebeneinander, manchmal sogar vergessen, die Namen der Maler darunter zu nennen, hat fein säuberlich „Kunstobjekte“ präsentiert, die nur eines gemeinsam haben: sie stammen aus dem Besitz der Kärntner Landesgalerie.
Man hat aber auch, und das wiegt noch schwerer, Entwicklungen verfälscht. Hat Schellander, Gironcoli und Wukounig mit Nebenwerken vorgestellt, hat diese Künstler in eine völlig falsche Richtung gedrängt. Derartige Sorglosigkeit ist schon beinahe gefährlich, weil sie falsche Eindrücke entstehen läßt, weil sie gerade die Moderne in ein falsches Licht stellt, weil sie unbewußt Wertungen vornimmt, die nicht vorgenommen werden können; aus dem vorhandenen Material zumindest nicht.
Eine Enttäuschung, diese „Kunst in Kärnten seit 1910“, ein Musterbeispiel dafür, wie man eine Ausstellung nicht machen darf. Ein zufälliges Nebeneinander von Bildern, ein zusammengestoppelter Katalog mit nichtssagendem Vor-und Geleitwort. Eine Ausstellung mit Grabesatmosphäre.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!