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Schrittweiser Aufbau über zwanzig Jahre

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Der Ruf nach einer eigenen Hochschule hat besonders im letzten Jahr die Vorarlberger Bevölkerung - durch die Landespresse aufmerksam gemacht - beschäftigt und die für die Bildungspolitik des Landes Verantwortlichen in scheinbar unangenehmen Zugzwang gebracht, besonders zu dem Zeitpunkt, als diese Problematik in parteipolitisches Fahrwasser abglitt und allen Beteiligten unangenehm zu werden drohte. Im Auftrag des Wissenschaftsministeriums besuchte eine Kommission der österreichischen Rek torenkonferenz im Oktober 1976 das Land, um an Ort und Stelle mit den zuständigen Behörden und Organisationen die Hochschulfrage zu erörtern, mit dem Ziel, in einem Gutachten dem Bundesministerium Grundlagen für eine weitere Vorgangsweise zu liefern und mögliche Problemlösungsvarianten aufzuzeigen. Sehr weit interpretiert hätte dieser Auftrag in ein Gutachten zu Bildungsstand und Bildungsplanung in Vorarlberg ausarten können. Dazu fühlte sich der Ausschuß aber nicht im geringsten berufen.

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Der Ruf nach einer eigenen Hochschule hat besonders im letzten Jahr die Vorarlberger Bevölkerung - durch die Landespresse aufmerksam gemacht - beschäftigt und die für die Bildungspolitik des Landes Verantwortlichen in scheinbar unangenehmen Zugzwang gebracht, besonders zu dem Zeitpunkt, als diese Problematik in parteipolitisches Fahrwasser abglitt und allen Beteiligten unangenehm zu werden drohte. Im Auftrag des Wissenschaftsministeriums besuchte eine Kommission der österreichischen Rek torenkonferenz im Oktober 1976 das Land, um an Ort und Stelle mit den zuständigen Behörden und Organisationen die Hochschulfrage zu erörtern, mit dem Ziel, in einem Gutachten dem Bundesministerium Grundlagen für eine weitere Vorgangsweise zu liefern und mögliche Problemlösungsvarianten aufzuzeigen. Sehr weit interpretiert hätte dieser Auftrag in ein Gutachten zu Bildungsstand und Bildungsplanung in Vorarlberg ausarten können. Dazu fühlte sich der Ausschuß aber nicht im geringsten berufen.

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Zur Situation: Vorarlberg hat keine eigene Hochschule! Die nächste österreichische Universität ist in Innsbruck; die hohen Schulen in St. Gallen, Konstanz und Weingarten bieten in Österreich nur bedingt verwendungsfähige und anrechenbare Studienprogramme an; noch dazu sind diese Auslandsstudien sehr kostenintensiv (im Gegensatz zu österreichischen Verhältnissen, wo jedem Studenten ein Universitätsplatz kostenlos angeboten wird) und überdies, zumindest in Konstanz und Weingarten, durch den „Numerus clausus“ unverhältnismäßig schwierig zu bekommen.

Zwei Problemkreise drängen sich in Zusammenhang mit der Hochschul- frage in den Vordergrund:

• Wie kann Vorarlberg, das durch ein breit gefächertes Angebot höherer Bildungsanstalten immer mehr Jugendliche zur Hochschulreife bringt, ein Hochschul- oder Universitätsstudium sichern?

• Wie können Hochschulabsolventen, die in Vorarlberg arbeiten und leben, ihr Wissen auf dem letzten Stand halten oder sich wissenschaftlich forschend betätigen?

Der Weg Vorarlbergs

Seit 1945 haben andere österreichische Bundesländer durch Hoch- schul-Neugründungen vorexerziert, wie Aus- und Weiterbildung auf Hochschulebene für ein Land gesichert werden können. Vorarlberg ist diesem Weg nicht gefolgt, sondern hat durch Sicherung von Studentenheimplätzen besonders in Innsbruck, aber auch in Wien und Graz, sowie durch relativ großzügige Stipendienvergabe, jungen Vorarlbergern das Studium außerhalb der Landesgrenzen ermöglicht.

Damit wurde dem Drang der Jugend, die nach der Matura heraus aus dem scheinbar engen Bereich der Kleinstadt will, durch eine Universität im Lande keine Grenzen gesetzt und das „Erwachsenwerden“ durch Erleben der rauhen Wirklichkeit, außerhalb der Geborgenheit einer intakten Familie, stark beschleunigt.

Unberücksichtigt und ungefördert blieben bis dato jene, die entweder im Rahmen des zweiten Bildungsweges, oder neben ihrem Beruf studieren wollten und der großen Entfernungen wegen (Innsbruck, Salzburg, Graz) gar nicht erst anfingen, oder nach wenigen Semestern resigniert aufgaben.

Die vielbesprochene Erwachsenenbildung (mit dem Zentrum Schloß Hofen) ist auf einen anderen Personen kreis abzustecken, niemals auf Akademiker! Nur die Universität selbst, die ihre Lebenskraft noch immer aus der Einheit Lehre und Forschung bezieht, kann Weiterbildungswünsche im Rahmen von „post graduate stu- dies“ in anspruchsvollem Rahmen anbieten und befriedigen, sowie Forschungsvorhaben in umfassender Weise realisieren und bewältigen - aber nicht in Vorarlberg!

Fernziel Universität

Ausgehend von der Tatsache, daß

• die Nachfrage nach Hochschulstudienplätzen weiter steigt,

• der Bildungshunger graduierter Akademiker mit Studienende noch nicht befriedigt ist, und

• die Komplexität der Probleme in Politik, Wirtschaft und Verwaltung weiter so stark zunimmt,

wird Vorarlberg die Gründung einer Universität als Fernziel ins Auge fassen müssen. Der Weg zu einer Vorarlberger Universität allerdings wird ein vollkommen eigenständiger sein, denn mit der Schaffung einer Institution und dem Bau eines Gebäudes innerhalb kurzer Zeit ist nichts getan.

Bund, Land, Gemeinden und Körperschaften haben vorzusorgen, daß eine Integration Vorarlbergs in das österreichische Hochschulsystem kontinuierlich erfolgen kann.

Durch die Schaffung der Studienbibliothek ist der erste Schritt bereits getan. Der zweite Schritt ist in der Bereitstellung von Arbeitsmöglichkeiten für wissenschaftliche Untersuchungen, Analysen und Forschungen zu sehen, damit landesbezogene Problemkreise an Ort und Stelle erforscht und hochqualifizierte Wissenschafter im Lande angesiedelt werden können. Bereits hier wäre eine entsprechende Beteiligung von Vorarlberger Studenten wünschenswert.

In dieser Etappe sollen die organisatorischen Fragen der Trägerschaft sekundär sein. (Andere Hochschulen haben viele Modelle zur Auswahl.) Wichtig ist einzig und allein das Hin- eiriwachsen der Forschungseinrichtungen in die Gegebenheiten des Landes und zwar ohne Zeitdruck. Erst dann, wenn dieser Prozeß abgeschlossen ist, kann in einem dritten Schritt an die Aufnahme der Lehre gedacht werden - und erst damit ist die Universität Vorarlberg in das Realisierungsstadium getreten.

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