Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Spoleto ist anders
Spoleto erlebt dieses Jahr sein 15. Festival, und wie immer verbindet es zwei Begriffe, die heute anscheinend nicht mehr zusammen passen wollen: Exklusivität und Jugend. Das Festival unterscheidet sich von anderen, an schöne Orte gebundene Festspiele, indem es auf renommierte Namen verzichtet und auch nicht um jeden Preis belehren will. Das Programm enthält neben Oper, Schauspiel und Ballett auch neapolitanische Volkssänger, Kammerkonzerte und Kunstausstellungen. Die Eintrittspreise sind niedrig, Stargagen sind nicht zu bezahlen, da die Stars zumeist erst hier geboren werden.
Spoleto erlebt dieses Jahr sein 15. Festival, und wie immer verbindet es zwei Begriffe, die heute anscheinend nicht mehr zusammen passen wollen: Exklusivität und Jugend. Das Festival unterscheidet sich von anderen, an schöne Orte gebundene Festspiele, indem es auf renommierte Namen verzichtet und auch nicht um jeden Preis belehren will. Das Programm enthält neben Oper, Schauspiel und Ballett auch neapolitanische Volkssänger, Kammerkonzerte und Kunstausstellungen. Die Eintrittspreise sind niedrig, Stargagen sind nicht zu bezahlen, da die Stars zumeist erst hier geboren werden.
Menottis und seines neuen künstlerischen Leiters Romolo Vallis Vertrauen auf Unbekannte und deren Talente hat sich als richtig erwiesen, denn die Produktionen sind fast ausnahmslos über dem international üblichen Festivaldurchschnitt.
Da auch der Radfahrer seine traditionellen „Sechs Tage“ feiert, kann doch die Musik nicht zurückstehen. So gab es ein „Sechs-Stunden“-Kon-zert, welches noch nicht als klassisch gelten kann, es aber werden könnte. Das „Marathon“-Konzert verdankt seine Existenz dem Komponist-Dirigenten Lukas Foss, besorgt über den Umstand, daß in heutigen Zeiten das Publikum keine Anhänglichkeit an Tradition mehr zeigt. Somit wurde in den USA diese Konzertform geboren. Man kann sie mit der Idee eines Supermarkts vergleichen. Man tritt ein, beladet sein Wägelchen mit allen gewählten Waren, geht an die Kasse und wieder hinaus. Auch in diesen Konzerten kann man hinein- und hinausgehen, an die Bar für einen Drink, einen Blick in die Zeitung werfen und wieder hineingehen. Einen Zwang des andauernden Zuhörens gibt es nicht.
Die Spoleter Darbietung des „Marathon“ (lauter Barockmusik von Gabrieli, Vivaldi, Händel, Teleman, Corelli und sämtlichen Bachschen „Brandenburgischen Konzerten“) wurde von verschiedenen Dirigenten geleitet, bis um 23 Uhr Lukas Foss auf dem Podium erschien, um jene sechs Meisterwerke hintereinander zu dirigieren. Es war schon 1 Uhr morgens, als der Schluß im schönen Klosterhof der romanischen Kirche von Santa Eufemia erklang. Besonders eindrucksvoll, dank der freiwilligen Teilnahme des Publikums, welches der spontanen Aufforderung von Chor und Orchester folgte (den gleichen Mitwirkenden, die am Tag zuvor „Mahagonny“ zur Aufführung gebracht hatten), um den Bachschen Choral „O Herr, wann kommt der letzte Tag“ zu singen.
Und der Klosterhof von Santa Eufemia wurde somit die erste neue „Szenerie“, die vom Festival dieses Jahr erobert wurde.
Den Tanzliebhabern bescherte Spoleto traditionsgemäß Altes und Neues, Etabliertes und Experimentelles. Der Höhepunkt war der Auftritt des britischen Royal Ballet mit Jerome Robbins' „Dances at a Gathe-ring“. Ursprünglich für das New York City Ballet geschaffen, brachten doch auch die englischen Tänzer beträchtliche Intensität und volles Verständnis für Chopins Musik auf und interpretierten die Choreographie mit jener Einfachheit, Poesie und „joie de vivre'“, die sie zu einem der Meisterwerke des 20. Jahrhunderts machen.
Auch die blutjunge, moderne Gruppe des Amerikaners Lar Lubo-vitch gefiel bei ihrem ersten europäischen Auftreten dank ihres stürmischen Enthusiasmus und ihrer ausgezeichneten Tänzer. Lubovitch selber ist eine Begabung mit vielen kinetischen Einfällen und dabei ein ebenso erstklassiger Tänzer wie Leiter.
Die Tiefpunkte der Tanzvorführungen waren bedauerlicherweise zwei italienische Darbietungen. Ein „Tres“ betiteltes Werk, welches von drei Tänzern ausgeführt und von drei Instrumenten begleitete klassische Schritte ^(Choreographie Giuseppe Carbone) zu einfallsloser Musik von Manuel de Sica, Sohn eines berühmten Vaters, zeigte. Ebenso von dem römischen Solotänzer Amedeo Amodio ein „Apres-midi d'un Faune“, der nichtssagend und kläglich wirkte und den auch eine schöne, obzwar aquariumartige, Dekoration von Giacomo Manzü nicht retten konnte. Es schien rätselhaft, warum man dieses Werk gerade in Spoleto, wo Jerome Robbins 1958 die Weltpremiere seines unvergeßlichen „Faunes“ brachte, wieder vorführen wollte. Unter den Vergleichen mußte das neue Werk bitter leiden.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!