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Taschenwecker

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Ich bin ein vergeßlicher Mensch. Deshalb hat sich meine Familie entschlossen, mir etwas Schönes zum Geburtstag zu schenken. Was habe ich nicht alles bekommen! Ja, was denn eigentlich? Da waren Bücher … ja, und Zigarren auch und… Da war noch was, aber das habe ich vergessen.

Ach ja, richtig: eine Taschenweckeruhr!

Als ich das Wort zum ersten Mal hörte, dachte ich, es müsse sich um eine Uhr handeln, die Taschen weckt. Doch dem ist nicht so. Man trägt sie nur in der Tasche.

Sie ist ein viereckiges winziges Ding, das man ganz unauffällig in die Tasche stecken kann. Man merkt es gar nicht, man vergißt es gleich wieder. Erst die Frau macht einen wieder aufmerksam darauf, wenn sie die Löcher nähen muß.

die der kleine, unauffällige Apparat zuerst in das Futter und später in den Stoff gerissen hat.

Wovon haben wir eigentlich gesprochen? Ach so: die Taschenweckeruhr!

Dieses unschätzbare Kleinod macht mich aufmerksam darauf, daß ich, sagen wir, um 14 Uhr 30 jemanden anrufen muß. Oder daß ich meine Tabletten nehmen muß. Oder … na ja, da gibt es noch eine Menge Sachen, die ich zu erledigen habe, nur fallen sie mir im Moment nicht ein. Ist ja egal.

Ein Beispiel: Es ist, nehmen wir an, Punkt 12 Uhr mittag. Da weiß ich, daß ich etwas zu tun habe. Aber was. Jedenfalls wird sie sich gleich melden, die Taschenweckeruhr. Und dann wird mir vielleicht wieder in den Sinn kommen, warum ich sie eingestellt habe.

Na, was ist? Warum klingelt’s nicht. Ach so: ich habe vergessen, sie aufzuziehen. Das haben wir gleich. So, jetzt ist es soweit. Ein sanftes, liebliches Surren, und ich weiß auf der Stelle, daß ich etwas Wichtiges zu tun habe. Bleibt nur noch, herauszubekommen, was. Die Tabletten habe ich schon genommen. Es muß also ein Anruf sein. Aber wen zum Donnerwetter muß ich anrufen?

Es ist ein kluger Apparat. Er hört nicht auf, zu signalisieren, solange ich ihn nicht abstelle. So, ich stelle den Alarm lieber ab. Was ist denn? Es will nicht aufhören. Da muß etwas eingeklemmt sein. Zum Teufel mit dem Höllengerät!

Endlich ist Ruhe. Wo bin ich stehengeblieben? Ach was, ich bleibe einfach stehen, wo ich bin. Irgend jemand wird mich schon abholen.

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