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Technik im Unterricht ist kein Allheilmittel

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Die Universität für Bildungswissenschaft in Klagenfurt sah in der ersten Jännerwoche die Welt zu Gast -300 Teilnehmer aus 20 nationalen und internationalen Organisationen waren am dritten und bisher größten Kongreß der Gesellschaft für Hochschulforschung und Hochschuldidaktik vertreten. „Ein intellektueller Jahrmarkt“, meinte der Präsident Univ.-Prof. Edmund van Trotsen-burg (Klagenfurt).

Worum ging es? Zum ersten um Didaktik für Hochschuldozenten. Wie weit sind Hochschullehrer bereit, sich modernen Lehrmethoden zu öffnen, die auch Verwendung technischer Möglichkeiten - vom Computer bis zurMusikuntermalung - miteinschließen? Es war interessant festzustellen, daß die technologische Seite modernen Unterrichtens nicht mehr so stark wie in den Anfangszeiten der UBW Klagenfurt betont wurde vielmehr ganzheitliche, vor allem psychologische Aspekte in den Vordergrund rückten.

Der Traum, ein gesundes Hirn, materielle Voraussetzungen und die entsprechenden Maschinen genügen bereits, um eine Bildungsexplosion und damit weiteren Fortschritt zu gewährleisten, ist ausgeträumt. Zu dieser Ernüchterung hat nicht zuletzt die wirtschaftliche Situation beigetragen - viele technisch realisierbare Möglichkeiten lassen sich aus finanziellen Gründen (noch) nicht einset-

zen. Auch die Einsicht, daß der Mensch nicht wie eine Maschine funktioniert und auch nicht unbegrenzt belastbar ist, hat sich durchgesetzt.

Landeshauptmann Wagner eröffnete den Kongreß mit dem Hinweis, daß sich die Tatsache „auf den Universitäten säßen gescheite Leute“, selbst unter Studenten schon herumgesprochen habe. Ob diese Gescheiten ihr Wissen auch so effektiv wie möglich weitergeben, sei allerdings offen. Damit war die Frage nach der Kommunikation in den Mittelpunkt gerückt - und da blieb sie während des ganzen Kongresses.

Wie kann man dem Studenten helfen, daß er mit dem Studium fertig wird? Die ganzheitliche Betrachtung dessen, was man als Studium zu bezeichnen pflegt, dominierte auch hier. Bildungswissenschaftler, die die Hochschule auf allen Ebenen „hinterfragen“, können gar nicht auf universitärem Gebiet stehenbleiben, mit jeder Frage berühren sie wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle Bereiche.

Warum studieren heute Studenten länger? Warum ist ihr Durchschnittsalter höher? Wie ist ihre gesellschaftliche Integration? Warum schließt nur ein Teil der Inskribierten das Studium erfolgreich ab?

Fazit: Studieren bedeutet immer auch Selbstbildung, jede Hilfe, die von Seiten der Bildungswissenschaft-

ler, der Theoretiker, dem Dozenten ebenso wie dem Studenten gegeben werden kann, kann nur Hilfe zur Selbsthilfe sein.

Die Frage der Akademikerarbeitslosigkeit wurde noch eher zögernd diskutiert, ebenso die Relevanz von Studium und späterer Berufstätigkeit. In allen Ländern beobachtet man eine steigende Tendenz zu einer besseren, längeren Ausbildung, das bedeutet aber noch nicht, daß Akademiker um ihre Arbeitsplätze fürchten müssen. Man war sich allerdings einig darüber, daß angehende Akademiker ihre Erwartungen immer mehr an der beruflichen Wirklichkeit nach unten werden korrigieren müssen - auch, daß die Kluft zwischen den Forderungen der Industriegesellschaft und den Wünschen des einzelnen immer größer wird. Für die achtziger Jahre erwartet man sich keine Revolution auf dem Bildungssektor, wohl aber gewisse Strukturverschiebungen.

Der Kongreß schloß - ganz im Sinne berufsspezifischer Einsicht, daß lustbetontes Lernen effektiver ist-Vergnügungen nicht aus.

Die politische Dimension: im Sinne der Akte von Helsinki saßen Bildungs- und Wissenschaftswissenschaftler auf neutralem österreichischem Boden friedlich beieinander, trotz der hochpolitischen Brisanz von Bildungs- und Forschungsfragen.

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