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Und ein bißchen leise?

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Das Verhältnis der Jugend zur Kirche ist auch an der historischen Entwicklung der katholischen Jugendorganisationen ablesbar. Heute sind seelsorgliche Bemühungen - auch um die Jugend - viel stärker auf den einzelnen ausgerichtet.

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Das Verhältnis der Jugend zur Kirche ist auch an der historischen Entwicklung der katholischen Jugendorganisationen ablesbar. Heute sind seelsorgliche Bemühungen - auch um die Jugend - viel stärker auf den einzelnen ausgerichtet.

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Am 20. November 1946 wurde das Katholische Jugendwerk Österreichs (KJWÖ) gegründet. Nach dem Willen der Bischöfe sollte es die „Verankerung“ für jene „Zentralstelle“ sein, die mit der „überdiözesanen Leitung und der rechtlichen Vertretung nach außen“ der Katholischen Jugend beauftragt ist. Mit anderen Worten: Das KJWÖ wurde als — mit der Kirche vielfach personell verknüpfter — Trägerverein der Katholischen Jugend auf Bundesebene gegründet. Seine Mitglieder waren und sind vor allem die Diözesanführungen der Katholischen Jugend (und der Katholischen Jungschar); sein erster Obmann und bald darauf sein erster Rektor war der spätere Prälat Franz Steiner.

Die Katholische Jugend hat sich im Lauf der dreieinhalb Jahrzehnte immer wieder differenziert: 1947 wurde als eigene Gliederung die Katholische Jung

schar gegründet; 1948 fand die Auffaltung der einen Katholischen Jugend in die drei Gliederungen Katholische Arbeiterjugend, Katholische Landjugend und Katholische Mittelschuljugend statt. An der Bundesstelle der Katholischen Jugend bildeten sich Referate heraus Cfür Kinder- und Jugendschrifttum, für Sport, für Kultur, für Soziales usw.).

Der „Fährmann“-Verlag wurde ins Leben gerufen: vor allem zunächst, um die Mitarbeiter in den Diözesen, die Gruppenführer und -mitglieder mit brauchbarer Literatur zu versorgen; später wurde der Verlag auch Eigentümer der etwa 15 Jahre lang florierenden Zeitschriften der Katholischen Jugend, und schließlich gesellte sich noch eine gut sortierte Buchhandlung dazu.

Für all dieses sich bis zur Zeit des Konzils reich entfaltende Leben der Katholischen Jugend war das „Jugendwerk“ der juridische und materielle Rahmen. Diese Aufgabe kam zunehmend seit jenem deutlichen Umschwung in den sechziger Jahren zur Geltung, als der Glanz der Katholischen Jugend langsam zu verblassen begann.

Uber dieses Phänomen isf viel diskutiert und nachgedacht worden; manch vorschnelles Urteil wurde gefällt: Wie konnte eine so großartige Bewegung, wie es die Katholische Jugend der vierziger und fünfziger Jahre war, binnen einem knappen Jahrzehnt derart in die Krise geraten? An einem einzigen Indiz sei aufgewiesen, was eigentlich geschehen ist: In ihrem’Hirtenwort vom Oktober 1946 schrieben die österreichischen Bischöfe: „… wird nun in allen österreichischen Diözesen die „Katholische Jugend“ nach

einheitlichem Plan und als einzige kirchliche Jugendbewegung arbeiten“.

Diese Worte sind 20 Jahre später im Aufwind des 2. Vatikanums nicht mehr denkbar. Die Rede ist nunmehr — 1965/66! — von „Pluri- formität“ und von „Subsidiarität“. Diese eine, einzige und einheitliche Katholische Jugend kann gar nicht mehr so gewollt werden. 1974 schließlich stellt der „österreichische Synodale Vorgang“ lapidar fest: „Bei Anerkennung der notwendigen Pluralität (!) sollen drei Strukturelemente der Kinder- und Jugendarbeit in allen Diözesen gleich sein:

— Allgemeine Kinder- und Ju- gendpastoral

— Kinder- und Jugendorganisationen (Katholische Aktion und katholische Organisationen)

— Jugendzentren in verschiedener Ausprägung (territorial und kategörial).“

Damit war das Monopol aufgekündigt, die Pluralität anerkannt Nand die Katholische Jugend in den Klammerausdruck gerutscht.

Aber: Es war ein Erbe zu verwalten. „Holt all die vielen herbei, die suchen und warten und nicht wissen, wohin sie gehören!“ riefen 1946 die Bischöfe der Katholischen Jugend zu. Und wenn auch sie nach dem Konzil im Grunde nicht mehr so ohneweiters mit der

Katholischen Jugend der ersten fünfzehn Jahre verglichen werden kann: die klassische Sorge um den „kostbaren einzelnen“ (Franz Steiner) hat sie geerbt.

Der Katholischen Jugend kann es nicht egal sein, was sich außerhalb ihres eigenen Bereiches tut; sie weiß sich — auch und gerade nach dem Konzil — mitverantwortlich in der Sorge der Kirche um die jungen Menschen.

Hier nun fiel es dem Jugendwerk zu, die neuen Weichenstellungen zu ermöglichen: Unter dem Terminus technicus „Ju- gendpastoral“ wurden eigene Bestrebungen institutionalisiert, um als gesamtösterreichische Stelle die pastorale Sorge der Kirche um die jungen Menschen verantwortlich mitzutragen — ohne gleich alles in die Katholische Jugend „vereinnahmen“ zu wollen.

In diesem Sinne wurden Dienste für die neuerrichteten Pfarr- gemeinderäte und ihre Jugendausschüsse entwickelt, wurde der Funktion und der Ausbildung des hauptamtlichen Jugendleiters besonderes Augenmerk geschenkt, wurde gemeinsam mit dem österreichischen Pastoralin- stitut an der einschlägigen Pasto- raltagung sowie an einigen — von der österreichischen Bischofskonferenz genehmigten — Texten zu Jugendfragen gearbeitet usw.

Das Jugendwerk sorgte sich auch zunehmend um eine gediegene Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter an den Jugendstellen:

Ansätze zu einem Kurssystem wurden erprobt und festgelegt. Wie es auch überhaupt in der Absicht des Jugendwerkes lag, die Kooperation zunächst mit der Katholischen Jugend, aber auch mit allen in der Jugendpastoral Tätigen zu suchen.

Dem Katholischen Jugendwerk fiel und fällt aber noch eine andere Aufgabe zu: das institutionelle Erbe der Glanzzeit zu verwalten. 1976 mußte es den bekannten und beliebten „Fährmann“-Verlag verkaufen: er hat den Niedergang des katholischen Zeitschriftenwesens wirtschaftlich nicht verkraftet. Das Jugendwerk ist in diesem Sinne aber bestrebt, einerseits der Katholischen Jugend (aber auch der Katholischen Jungschar und den Diözesan- sportgemeinschaften) zu ermöglichen, mit den heute jungen Menschen zukunftsweisende Wege zu suchen und zu gehen, andererseits nichts,zu vernachlässigen, was im guten Sinne zur Tradition von Katholischer Jugend und Jugendwerk gehört.

Dazu zählt nicht zuletzt die Aufarbeitung der eigenen reichen Geschichte, das an-den-Tag-För- dern „vergessener Wahrheiten“. Dies geschieht in ständigem Gespräch mit all jenen, die in den 35 Jahren an verantwortlicher Stelle das Geschick des Jugendwerks mitbestimmt haben. Zweihundert Ehemalige werden gemeinsam mit fünfzig derzeitigen Mitarbeitern den 35. Jahrestag des Katholischen Jugendwerks Österreichs begehen und darüber nachden- ken, wie sich die „Jugend der Kirche“ entfaltet und entwickelt hat, und was dies für die Zukunft bedeuten kann.

Das Katholische Jugendwerk lebt im Grunde von der Liebe en

gagierter Christen (Priester wie Laien) zu den jungen Menschen unseres Landes. Solange diese Liebe lebendig ist, solange sie sich nicht in Professionalismus und Bürokratie auf der einen oder in Engstirnigkeit und Ängstlichkeit auf der anderen Seite auflöst, wird es — wenn auch ein wenig leise — der Ankerplatz der Seelsorge an den jungen Menschen bleiben.

Der Autor ist Direktor des Katholischen Jugendwerks Österreichs.

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