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Und wer bezahlt?

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Rund fünf Milliarden Schilling wurden 1985 im Rahmen der Sozialversicherung für Rehabilitation, Gesundheitsvorsorge und für Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit ausgegeben. Allein die Wiener Gebietskrankenkasse berappte für solche „Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit“ knapp 155 Millionen. 1972 waren es „nur“ 72 Millionen. Innerhalb von fünf Jahren haben

sich die Ausgaben mehr als verdoppelt und die Tendenz ist steigend, daß in Zukunft immer mehr Menschen die medizinische Voraussetzung für eine Kur auf Krankenschein haben.

Die,Kur auf Kosten der Krankenkasse“ ist eine freiwillige Leistung der Sozialversicherung. Niemand kann daher vor Gericht gehen, wenn ihm eine subjektiv zustehende Kur nicht gewährt wird.

Durch die 32. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) besteht für Pensions- und Unfallversicherungsträger ein gesetzlicher Auftrag zur Gewährung eines Kurheilverfahrens. Das Leitmotiv heißt: Wiederherstellung der vollen körperlichen, geistigen und psychischen Arbeitskraft. Wenn also festgestellt wird, daß ein Versicherter invalid beziehungsweise berufsunfähig zu werden droht, muß ein entsprechendes Heilverfahren bewilligt werden.

Bei der Krankenkasse besteht dieser gesetzliche Auftrag nicht. Hier heißt das Leitmotiv: Beschwerdenlinderung und Verbesserung der Lebensqualität.

Wie kommt man zu einer Kurbewilligung? Der Hausarzt muß zunächst dem Patienten ein Leiden bestätigen, das ein solches Heilverfahren notwendig macht, und schickt dann die entsprechenden Formulare an die jeweilige Krankenkasse. Bei einer Kur hat ein Arzt der Pensionsversicherungsanstalt nach einer Untersuchung des Patienten die letzte Entscheidung. Bei Erholungsaufenthalten entscheidet ein Arzt der Krankenkasse.

Wird das Leiden bestätigt, steht der Kur bzw. dem Genesungsaufenthalt nichts im Wege.

Normalerweise wird man in ein versicherungseigenes Kurheim eingewiesen. Damit erhält man auch die Kur zur Gänze bezahlt. Wenn kein solches Heim zur

Verfügung steht, leisten die Versicherungsanstalten sogenannte Kurkostenbeiträge. So beteiligt sich beispielsweise die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten mit 344 Schilling täglich an den Ausgaben.

Abgelehnt wird ein Antrag nur, wenn die medizinische Begründung für einen Kuraufenthalt fehlt.

Wer im Ausland kuren möchte, erhält Zuschüsse oder bekommt den Aufenthalt nur ersetzt, wenn in Österreich kein gleichwertiges Angebot für ein Heilungsverfahren vorhanden ist.

Wie lange es dauert, bis man tatsächlich die Koffer packen kann, hängt von der Bettenzahl des betreffenden Hauses und dem Andrang ab. Die meisten Antragsteller wollen sich in der warmen Jahreszeit erholen, und das ergibt natürlich ein Gedränge.

Wer einen schweren Unfall oder einen Herzinfarkt überstanden hat, wird gleich vom Krankenbett zur Rehabilitation — ohne Wartezeit — geschickt.

Wie oft gekurt werden muß, hängt vom jeweiligen Leiden ab.

Bei Rheuma muß man durchschnittlich dreimal hintereinander zur Behandlung.

Anträge können beliebig oft gestellt werden. Auch „Wiederholungstäter“ haben Chancen auf einen neuerlichen Kurversuch. Wer es beispielsweise partout nicht schafft abzunehmen, obwohl Herz- und Kreislauf schaden immer ärger werden, kann es nach Aussagen der Krankenver-

Sicherung auf jeden Fall wieder probieren. Die Kurdauer beträgt in Österreich üblicherweise drei Wochen.

Wie wichtig die Sorge um die eigene Gesundheit ist, zeigt auch die erschreckend hohe Zahl der Frühpensionierungen. Laut Angaben der Pensionsversicherung waren Ende 1985 insgesamt 208.105 Menschen aufgrund geminderter Arbeitsfähigkeit in Frühpension. Ein gutes Drittel davon wegen Herz- und Gefäßkrankheiten (siehe Tabelle unten).

Untersuchungen zufolge wirken sich Kuraufenthalte auf 70 bis 80 Prozent der Besucher positiv aus. Bei fünf Prozent hatte sich der Zustand verschlechtert.

Wer sich in einem der auf den Seiten zwölf und dreizehn erwähnten Gesundheitshotels oder Bio-Zentren vom Alltagsstreß erholen will, kann natürlich nicht mit der Unterstützung der Kran-

kenkasse rechnen. Eine Woche in einem solchen Treffpunkt für Gesundheitsbewußte kostet durchschnittlich 10.000 Schilling Hotelaufenthalt, Vollwertkost und bestimmte Therapien inklusive.

Eine klassische Kneippkur samt Aufenthalt und Biokost kostet rund 6.000 Schilling, spezielle Entschlackungs- und Schönheitskuren inklusive natürlich ein bißchen mehr.

Gewarnt wird jedenfalls vor Zeitungsinseraten, die wahre Wunderkuren versprechen. Da kann man meist sicher sein: „Außer Spesen nichts gewesen.“

Information ist auch bei Kur und Erholung in Österreich das Wichtigste, wenn man die gewünschten Heilerfolge erzielen, die persönliche Betreuung und Zuwendung erhalten will, die viele im Rahmen der gewohnten Medizin schon so oft vermissen.

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