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Viel und wenig

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„Arien und Duette'“ waren für den (einzigen) Abend der beiden berühmten Sänger im Großen Musikvereinssaal angekündigt. Wenn's nur das gewesen wäre! Aber es war, was das Programm betrifft, viel schlimmer: von einem kleinen, überschlanken Pianisten namens Gordon Jephtas begleitet, sangen die beiden Stars auch Liedlein und Romanzen von Tostt, Paradis, Zandonai und Peccia sowie von bekannteren italienischen Opernkomponisten. (Wir kennen sie aus den Musikalben unserer Eltern und Großeltern.)

Es war also, was das Niveau betrifft, sehr arg.

Aber man konnte sich auch ein-und umstellen und diesen Abend als einen melodiösen Spaß genießen: schöne Stimmen mit süßen Weisen.

Das hört man ja auch nicht gerade alle Tage. Und auf diesem Gebiet haben Renata Tebaldi, Jahrgang 1922, und Franco Corelli (drei Jahre jünger, wenn's wahr ist) allerlei zu bieten, an technischem Raffinement, an Schönklang, an wirkungsvollem Vortrag und einer kaum übertrefflichen Kunst des Servierens. — Neben diesen Trivialprodukten gab es aber auch einige hierorts wenig bekannte Lieder (Canzonen) von Doni-zetti, Scarlatti, Rossini, Bizet und Bellini und schließlich einige echte Opernarien aus der „Cavalleria ru-sticana“, „Le Cid“ von Massenet (von Herrn Corelli in einem völlig unverständlichen Französisch vorgetragen) und, als Schluß- und Höhepunkte der beiden Teile des Programms: je ein Duett aus „La Boheme“ und „La Tosca“.

Corelli hat, seit wir ihn zuletzt hörten, wenig an Glanz und Volumen eingebüßt, und auch die Stimme von Frau Tebaldi ist, seit wir sie auf der Bühne bewunderten, nur etwas kleiner im Volumen geworden und nicht mehr ganz so glanzvoll.

Aber wenn es darauf ankam, an den großen Höhepunkten, war sie da und „raumfüllend“. Jedenfalls für den Großen Musikvereinssaal hat's gereicht. Dieser war vollbesetzt, die Preise beträchtlich angehoben, aber die Leute bekamen was für ihr Geld: außer dem umfangreichen Programm noch etwa ein halbes Dutzend Zugaben. — Hervorzuheben ist auch, daß beide nicht versuchten, das Konzertpodium in eine Opernbühne zu verwandeln: sie blieben dezent und geschmackvoll — und sahen beide blendend aus.

• „Die Instrumenüsten Wien“ veranstalten mit Beginn dieser Saison unter der Patronanz der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien einen Zyklus „Kammermusik der Wiener Klassik“. Zur Aufführung gelangen Werke von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven nach Autographen, Handschriften und Frühdrucken aus dem ' Besitz der genannten Gesellschaft und durchwegs auf Originalinstrumenten des 18. Jahrhunderts. Mitwirkend sind: Jane Gärtner, Vera Schwarz und Leonard Hokanson.

Die fünf Programme der Saison 1973174 werden außer in Wien (Palais Schwarzenberg) noch in Linz (Steinerner Saal des Landhauses) und Graz (Minoritensaal von Moria Hilf) gespielt, weiters drei Konzerte im Burgenland (Eisenstadt: Schloß Ester-häzy, Schloß Bernstein und in Pinka-feld), drei Konzerte in München (Cuvillies-Theater) sowie zwei Konzerte in Augsburg (Schaezler-Palais) und eines in Salzburg (Schloß Mirabell).

• Am Abend des Nationalfeiertages, am 26. Oktober um 19 Uhr, singt Anton Dermota in der Volksoper die Titelpartie in Kienzls „Evangelimann“. Wir empfehlen unseren Lesern, sich diese Gelegenheit der Wiederbegegnung mit einem wahrhaft volkstümlichen Werk und einem großartigen Interpreten nicht entgehen zu lassen. Aus gegebenem Anlaß: Anton Dermota ist 1910 in Slowenien geboren, also 63 Jahre alt. Wir haben ihn als „Seemann“ in der Besprechung der „Tristan“-Aufführung in der Staatsoper um 8 Jahre älter gemacht. Das war kein Schreiboder Druckfehler, sondern die betrübliche Folge einer leichtfertigen Auskunft, die man uns telephonisch gegeben hat. (Unsere Leser werden uns den „Siebziger“ Dermota eh nicht geglaubt haben.)

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