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Zeitgenosse

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Mit Leoben assoziiert man normalerweise Bier und Bergbau und die hiezu gehörige Montanuniversität. Die Wünsche „Prosit“ und „Glückauf“ müßten nun aber eigentlich durch eine Kennmelodie ergänzt werden, seit sich in den letzten Jahren eine dritte Assoziation dazugesellt hat: musizierende junge Menschen, die Ferien und Freizeit in den Dienst von Mozart, Beethoven, Strauß stellen.

Die Aktion „Jugend musiziert“, die alle zwei Jahre ablaufenden Musikwettbewerbe, nun seit mehr als einem Jahr das österreichische Bun-desjugendorchester — sie haben dem Namen der alten Knappenstadt plötzlich einen neuen, im Kunstleben bereits anerkannten Akzent verliehen.

Jede Organisation steht und fällt mit dem Manager, der für ihren Betrieb verantwortlich ist — für „Jugend musiziert“, für die Wettbewerbe, für die „Mini-Philharmoniker“ Ist Friedrich Knoppek zuständig, und nicht nur das. Er geht auch für seine Jungen, die ebenso zünftig mit Oboe und Viola und Schlagzeug um-

gehen wie ihre Vorbilder durchs Feuer. Als er kürzlich mit ihnen aus Montreux zurückkam, war er stolz über das Urteil der 1400 dort versammelten Musikerzieher aus aller Welt, daß sein Nachwuchs keine ausländische Konkurrenz zu scheuen brauche.

Knoppek, Jahrgang 1935 und hauptberuflich Professor am Leob-ner Gymnasium — natürlich Musik, außerdem Physik, aber mit Stundenermäßigung — war von Anfang an dabei, als sich in Leoben ein paar Musikliebhaber Gedanken machten, wie man dem latenten Interesse der Jungen nach einer aktiven Musikbetätigung eine brauchbare Basis geben könne. Natürlich waren auch hier wieder die Funktionäre der Brauerei, der Hochschule, der Industrie mit von der Partie, als sich zunächst der Verein „Jugend musiziert“ bildete, der dann, seit 1969, alle zwei Jahre die Leobner Jugendwettbewerbe durchführte.

Die Besten aus diesen Wettbewerben bilden heute bereits den Grundstock des „österreichischen Bundes-jugendorchesters“, das zu Ostern 1975 zum ersten Mal zusammentrat. Damit sollte verhindert werden, daß musikbegeisterte Jugendliche im Gedränge von Schulabschluß und Berufsausbildung die Musik vergessen, und anderseits sollte ihnen gehol-

fen werden, den Weg in die großen Orchester zu finden.

Obergrenze sollten 25 Jahre sein. Der Jüngste unter den 76 Burschen und Mädchen, die nun von ihrer ersten Auslandstournee zurückkamen, ist ganze zwölf Jahre alt — er verschwindet fast hinter dem großen Instrument, wenn er sein Cello streicht —, der Durchschnitt liegt bei siebzehn. Während des Jahres wird eifrig in der Schule, auf der Universität, in der Berufsausbildung gestuckt. Dreimal im Jahr, zu Ostern, im Sommer und zu Weihnachten, versammeln sich die Ensemblemitglieder zu Probe und Konzert. Zunächst hatte Prof. Karl Österreicher von der Wiener Musikhochschule die Leitung; er garantierte für eine pädagogisch sichere Führung. Nun, im bisher letzten Durchgang, führte Prof. Ernst Märzendorfer den Taktstock, erfahrener Konzertsaalpraktiker, der aus den Jungen nicht weniger herauszuholen suchte, als er von arrivierten Orchestermitgliedern gewohnt war.

Heute sitzen acht der neun Landesregierungen (mit Ausnahme der Wiener), die meisten Landesjugend-referate, die Musikhochschulen und die Musikerzieher mit ihren Vertretern im Kuratorium und sorgen für die materielle wie die ideelle Basis. Prof. Knoppek sorgt auch hier für

das Management, ob es sich um die Anforderung der Subventionen, die Sicherung der Lehrkräfte, die Organisation am jeweiligen Austragungsort handelt.

Jugendliche diesen Alters bringen so manche Probleme mit sich. Maturavorbereitungen, Einberufungen zum Bundesheer, plötzliche Erkrankungen, aber auch bereits der Sprung in ein festes Engagement werfen mitunter alle Planung über

den Haufen. So sind etwa die Holz-und Blechbläser vierfach besetzt — aber es kam auch schon vor, daß von den vier Trompetern unmittelbar vor der Arbeitswoche drei ausfielen und es nur mit großer Mühe gelang, wenigstens zum Abschlußkonzert einen Ersatz zu finden. Dann wieder sind in den kleineren Orten, wo das Jugendorchester zu proben und aufzutreten pflegt, die nötigen Großinstrumente — Bässe, Pauken — nicht aufzutreiben, die auch ganz große Orchester nicht mit sich herumzuschleppen pflegen. Oder es waren — in Wels — nicht genügend Notenständer zu finden; Knoppek mußte den Rest aus Linz beschaffen.

Montreux war, wie gesagt, der erste Auslandsauftritt der „Mini-Philharmoniker“. Für Ende September sind sie nach Berlin eingeladen, zu einer internationalen Begegnung der Jugendorchester. Das fällt zwar für etliche von ihnen schon in die Schulzeit, aber am Beginn des Jahres kann man noch auf Nachsicht hoffen. Dann muß wieder Schule und Berufsausbildung Vorrang bekommen, dann muß wieder der Musikprofessor über den Orchestermanager in Prof. Knoppek siegen — aber auch diesem bleibt noch genug zu tun, bis zu Weihnachten die nächste Saison anbricht.

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