Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Zwischen Bindung und Freiheit
Ich habe meine Arbeit bei Kathpress im Sommer 1955 nicht mit einem ausgefeilten Programm angetreten, ich habe mir nicht genaue Pläne zurechtgelegt. Was aus der Kathpress geworden ist, ist nicht einer Systematik, sondern dem Leben entsprungen. Ich habe nur einige ganz wenige Leitlinien gehabt, die ich durchzuhalten versucht habe: 1. Bindung an die Kirche, 2. freie Berichterstattung, 3. politische Unabhängigkeit.
1. Bindung an die Kirche, Verbundenheit mit der Kirche: Das heißt Mitfühlen, aber auch Mitdenken mit dieser Kirche und schließlich auch Mitreden; Bindung nicht an eine erträumte Kirche, »pndern an die Kirche in ihrer gegenwärtigen Verfaßtheit, mit all ihren Schwächen und Mängeln; Kirche als Inbegriff aller Getauften, dabei auch Kirche in Person ihrer Amtsträger.
Wir haben uns jedoch dabei niemals als bloße Erfüllungsgehilfen der Bischöfe verstanden, sondern immer als ihr Partner, und haben immer um ihr Verständnis für die Notwendigkeiten unseres Berufs geworben. Es war nicht immer leicht, es war ein gegenseitiger Erziehungsprozeß für die Kathpress, aber auch, wie ich glaube, für die Bischöfe.
Ich habe den Redakteuren wenn sie meinten, für die Freiheit der Journalisten, für die „Freiheit des Christenmenschen“ auf die Barrikaden gehen zu müssen, immer wieder gesagt, mit wehenden Fahnen und pathetischen Parolen in den Untergang zu gehen, sei nicht schwer. Ein ehrendes Nachwort der Massenmedien, vielleicht sogar der Renner-Preis, wäre gewiß.
Viel schwerer ist es, nicht davonzulaufen, sondern auszuharren, manche Zurücksetzung zu ertragen, wenn man sich im Recht fühlt, aber dabei niemals zu resignieren, niemals zu kapitulieren, sondern immer wieder um der Sache willen einen halben Schritt zurückgehen, um bei der nächsten Gelegenheit einen ganzen Schritt nach vorne zu machen.
Wie soll sich Fortschritt in der Kirche verwirklichen, wenn nicht in kleinen Schritten? Ein katholischer Journalist darf sich niemals in Verbitterung und Resignation treiben lassen. Um die Freiheit muß man in Hoffnung ringen. Wer den Glauben hat und die Hoffnung nicht verliert, findet die Freiheit in der Kirche mehr als anderswo.
2. Freie Berichterstattung: Ohne Verbindung mit der Kirche darf sich Kathpress nicht katholisch nennen.
Ohne freie Berichterstattung ist sie keine Agentur. Dann mag sie eine kirchliche Medienstelle, eine kirchliche Pressestelle, kirchliche public relations sein - alles Dinge, die gut und notwendig sind.
Aber eine Agentur kann ohne freie Berichterstattung nicht bestehen. Auch das durchzusetzen, war nicht immer leicht.
Die Kirche hat gerade, was die Presse betrifft, jahrhundertelang rein instrumental gedacht: Nur dann sei eine Presse gut, wenn sie als Werkzeug für kirchliche Ziele verwendet werden kann.
Erst langsam hat sich hier ein Wandel angebahnt; seit dem Zweiten Vatikanum anerkennt die Kirche die Eigengesetzlichkeit der Medien. Viele, auch manche Bischöfe, waren der Meinung, daß unangenehme Nachrichten in der Kathpress nichts verloren hätten.
Nun haben wir sicherlich viele Nachrichten gebracht, die gar nicht erfreulich, gar nicht erbaulich, gar nicht schön, leider aber wahr werden. Wir haben auch hier niemals Politik betrieben, wir haben auch hier, soweit dies Menschen überhaupt möglich ist, uns um Objektivität bemüht.
Aber wir waren uns immer bewußt, daß die Kathpress kein Schönwetterdienst ist, kein Mittel zur Erzeugung euphorischer Zustände, sondern daß sie sich der Wahrheit verpflichtet weiß, auch der unerfreulichen, auch der bittereren Wahrheit.
Aber wir haben die Bischöfe immer eingeladen, in der Kathpress Stellung zu nehmen - auch um das, was ihnen nicht richtig erscheint, richtigzustellen. Wir waren nicht immer erfolgreich. Die freie Berichterstattung ist schließlich auch die Grundlage unserer materiellen Existenz.
Wenn heute die Kathpress die Hälfte ihrer notwendigen Mittel durch den Verkauf ihrer Nachrichten verdient, so ist dies nur möglich, weil unsere Abonnenten Vertrauen in die freie Berichterstattung der Kathpress haben.
3. Politische Unabhängigkeit: Daß eine katholische Presseagentur politisch unabhängig sein sollte, scheint heute selbstverständlich. Dies war aber nicht immer so. Wir alle können uns an eine Zeit erinnern, da „katholisch“ ungefragt einem bestimmten politischen Sektor zugewiesen wurde. In manchen Ländern ist dies heute noch so. Neben der freien Berichterstattung ist die politische Unabhängigkeit Grundlage des Vertrauens. Ich habe es immer strikt abgelehnt, irgendwelche Subsidien von Regierung oder Parteien zu erhalten.
Die Kathpress konnte nie mit vollen Händen Geld ausgeben, wir haben immer mit Wasser gekocht. Wir haben nie große Gehälter zahlen können, wir haben uns nie Starjournalisten einkaufen können, die Kathpress hat sich ihre Journalisten selbst ausgebildet.
Noch ein Wort zur internationalen Geltung unserer Agentur. Wenn man die Kathpress nur von Österreich und für Österreich betrachtet, so ist sie ein eher bescheidenes Unternehmen. Man muß über die Grenzen Österreichs hinausgehen, um zu erfahren, was sie wirklich ist.
Es vergeht kaum eine Woche, da wir nicht Anerkennungsschreiben aus aller Welt erhalten. Man braucht nur mit einem Bischof aus Osteuropa zu reden, um zu erfahren, was Kathpress für die Kirche im Osten bedeutet.
Nach 25 Jahren übergebe ich meinem Nachfolger ein Werk, das alles andere als vollkommen oder vollendet ist. Wenn man ein Vierteljahrhundert sein Leben, und seine Arbeit an ein Werk gehängt hat, weiß man erst, wie bruchstückhaft, wie unvollkommen, wie fehlerhaft jedes menschliche Tun ist.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!