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Zwei Kardinäle fehlten...

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In der Vatikanstadt trat am Montag das geheime Konsistorium, in dem die 24 ausgewählten hohen kirchlichen Würdenträger von Papst Pius XII. in den Kardinalsrang erhoben wurden, zusammen. An dem Konsistorium nahmen die meisten der 46 alten Kardinäle, nicht aber die neuernannten teil. Mit der Ernennung der neuen Kardinäle verfügt das heilige Kollegium seit über 200 Jahren wieder über die volle, vom Papst Sixtus V. 1586 nach dem Vorbild der 70 Aeltesten des Moses festgesetzte Höchstzahl von 70 Mitgliedern. Zwei der neuernannten Kardinäle, der Erz-bischof von Agram Stepinac und der Erzbischof von Warschau Stefan Wiszynski, waren nicht in der Vatikanstadt anwesend. Des weiteren fehlten sechs Prälaten aus den katholischen Staaten, in denen neuernannte Kardinäle das Abzeichen ihrer Würde aus den Händen der Staatsoberhäupter zu erhalten pflegen. So wird dem Erzbischof von Tarragon und dem von Santiago di Compo-stella die „Biretta“ von General Franco und den päpstlichen Nuntien in Paris und Rom von den Präsidenten Frankreichs beziehungsweise Italiens übergeben werden.

Papst Pius XII. bedauerte im geheimen Konsistorium, daß die Erzbischöfe von Agram und Warschau nicht persönlich nach Rom kommen konnten, um den Kardinalshut zu empfangen. Er könne nichts anderes tun, als dem Erzbischof von Aeram das tiefe Mitgefühl auszusprechen, daß er gegenwärtig nicht in der Lage sei, sich „frei zu bewegen, um in diese Stadt zu kommen und sich dem gemeinsamen Vater zu nähern. Obwohl er nicht \mter uns sein kann, umarmen wir ihn mit väterlicher Liebe. Wir möchten mit Nachdruck darauf hinweisen, daß wir mit dem Beschluß, ihm die Würde des römischen

Purpurs zu verleihen, nichts anderes im Sinn hatten, als seine Verdienste in einer entsprechenden Form zu belohnen und ebenso ein Zeugnis unseres Wohlwollens gegenüber seinem Volke abzulegen und in besonderer Weise unseren geliebten Söhnen und Töchtern hohes Lob und tiefes Mitgefühl zu zollen, die sich in diesen schwierigen Zeiten mit großer Seelenstärke offen zu ihrem katholischen Glauben bekennen.“ Der Heilige Vater betonte, daß es nicht den Tatsachen entspreche, wenn von der jugoslawischen Regierung, die die diplomatischen Beziehungen mit dem Vatikan abgebrochen habe, behauptet werde, Erzbischof Stepinac sei zum Kardinal ernannt worden, um die politischen Behörden Jugoslawiens zu provozieren. Ebenso unwahr sei es, daß die Ernennung die Antwort auf die äußerst heftige Sprache sei, die Belgrad gegenüber dem Papst und dem Vatikan angeschlagen habe. Es sei eine' unhöfliche Sprechweise, die der Papst jedoch bereitwillig verzeihe und vergebe. Die Lage, der sich der Erzbischof von Warschau und Gnesen, Wyszynski, gegenübersehe, erfülle ihn ebenfalls mit großer Sorge. Der Erzbischof habe ihm mitgeteilt, daß er, so gerne er es tun würde, nicht nach Rom kommen könne. Die Gründe für sein Nichterscheinen seien bis zur Stunde noch nicht bekannt. Wyszynski sei jedoch nicht nur wegen seiner großen Verdienste zum Kardinal ernannt worden. „Wir wollten vielmehr“ — so sagte der Heilige Vater wörtlich — „auch unsere große väterliche Zuneigung zu der edlen polnischen Nation bekunden; die seihst in schwierigen und stürmischen Zeiten in den Blättern der christlichen Geschichte Kapiteln leuchtenden Ruhmes geschrieben hat.“

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