6776876-1969_26_06.jpg
Digital In Arbeit

Straßenarrangement gesucht

Werbung
Werbung
Werbung

Damit östemreichis Autobahnen nicht geradewegs nach Schilda führen, läuft gegenwärtig eine Reihe van Expertengesprächen mit den Nachbarstaaten. Die Initiative dazu ging vom Bautenminisiteriium aus, das auf diese Weise einen Überblick über die Projekte rund um Österreich aus erster Hand erhallten will. Interessant sind natürlich jene ausländischen Routen, die in Richtung Österreich geplant oder die Auswirkungen auf das künftige Verkehrs-geschehen in Mitteleuropa haben werden.

Wie die ersten tastenden Fühlungnahmen zeigten, besteht durchaus die Bereitschaft zu einer engen internationalen Zusammenarbeit: Denn auf diesem Gebiet haben fast alle Staaten die gleichen Sorgen. Kein Land will umfahren werden, niemand will Straßen bauen, die keinen leistungsgerechten Anschluß finden. Der immer stärker werdende Verkehr zwingt zur Koordination nicht nur hinsichtlich der idealen Grenzübergangsstellen modemer Fernverkehrsstraßen, sondern auch bezüglich der Ausbaupläne. Das Ausbautempo bedarf demiwach ebenfalls einer Harmonisierung, denn was nützt die schönste Autobahn, wenn jenseits der Grenze bloß eine Nebenstraße existiert, die stärkere Verkehrsströme nicht verkraften kann. Bereits heute führen zwölf Europastraßen durch Österreich. Und dieses Dutzend bedeutsamer Transitrouten läßt ahnen, welche Chancen und Gefahren die Zukunft birgt. Die Ver-kehirsprognosen in ganz Europa sprechen eine deutliche Sprache. 1980 wird es in der Bundesrepublik Deutschland 19 Millionen Personenautos geben, in Österreich werden doppelt so viele Fahrzeuge zugelassen sein wie heute. Das ist auch der Grund, weshalb keine Woche verstreicht, in der nicht

irgendeine neue Straßenverbindung lanciert wird. Dabei werden die propagierten Projekte immer kühner und kostspieliger, denn die moderne Straßenbautechnik kennt heute kaum noch unüberwindliche Schwierigkeiten. Die Frage der Finanzierung setzt diesen hochfliegenden Plänen indessen eine natürliche Schranke. Österreichs Chancen liegen in dem keineswegs aussichtslosen Versuch, die Nachbarländer zu einem Eingehen auf die bereits vorliegenden eigenen Konzepte zu bewegen.

Den Vorsprung nützen

Auch in dieser Frage scheint Zeit im wahrsten Sinn des Wortes Geld zu sein. Österreich hat heute einen winzigen Vorsprung, den es zu nützen gilt. Vor etwas mehr als einem Jahr legte nämlich das Parlament das erweiterte Autobahnkonzept vor, das Strecken von insgesamt 1780 Kilometer umfaßt. Wichtige Grenzübergänge sind darin enthalten: Die Nordautobahn führt an die tschechische, die Gstautobahn an die ungarische Grenze; die Pyhmautobahn reicht von der tschechischen zur jugoslawischen Grenze; die Tauern-autobahn ist für Deutschland wie für Italien von großer Bedeutung. Dazu kommt, daß die auf wissenschaftlicher Basis erstellte Neubewertung des Bundesstraßeninetees objektive Grundlagen schafft, die in den Verhandlungen mit den Nachbarstaaten wertvolle Argumente lie-fern. Diese Untersuchungen werden Ende 1969 vorliegen und ein handfestes Argument für die eben angelaufenen Hairmonisierungsgespräche mit den Nachbarstaaten sein. Österreichs Straßenstrategen fühlen sich aber schon jetzt genügend gewappnet, um in die erste Gesprächsrunde einsteigen zu können. Die Absicht dazu besteht schon längere Zeit. Im Motivenlberichit zur Bundes-

straßengesetznovelle 1968, mit der das neue Auitobahnkonzept geschaffen wurde, findet sich bereits der Hinweis auf die Notwendigkeit, die eigenen Pläne miit denen der Nachbarstaaten zu harmonisieren. Nun wird auch dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt.

Erste Gesprächsrunde vor dem Abschluß

Den Reigen der Kontaktnahmen eröffneten Beratungen im Wiener Regierungsgebäude mit Umgarn, die am 11. Juni nach dreitägiger Dauer zu Ende gingen. Im wichtigsten Punkt gelang eine optimale Einigung. Wien und Budapest sollen autobahnmäßig auf möglichst kurzem Weg verbunden werden. Bei Nickeilsdorf wird demzufolge ein hochleistungsfähiger Grenzübergang sowohl für die Ost-autobahn .als auch für die Budapester Bundesstraße geschaffen werden. Wenige Tage später fand bereits in Pörtschach am Wärthersee ein Drei-ländsrgespräch zwischen Deutschland, Italien und Österreich statt. Auch hier bahnt sich für den Übergang der Südautobahn bei Tarvis eine günstige Lösung an. Die Italiener wollen mit der Autohahnverbindung Udime—Tarvis im Jahre 1972 beginnen und die Strecke bis 1976 v'erkehrsreiif machen. Ein gemeinsamer Grenzabfeirtiguinigsplatz könnte knapp innerhalb des italienischen Hoheitsgebietes bei Tarvis entstehen. Österreich muß sich indessen beeilen, will es bis 1976 die Südautobahn ebenfalls schon bis zur Grenze fertigestelit haben. Die Bundesrepublik Deutschland meldete ein Interesse an einer leistungsfähigen Fernverkehirsroute über Füssen—Imist—Landeck und den Reschenpaß an, eine Frage, die bis Jahresende im Zuge der Neubewertung des Buindesstiraßennetzas geklärt sein wird.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung