
David Steindl-Rast: Ein Meister der Dankbarkeit
Ein Wiener, den es ins US-Reformkloster Mount Saviour verschlägt. Ein Wanderer zwischen westlicher und östlicher Spiritualität. Ein Brückenbauer zwischen Religionen. Zum 95. Geburtstag von David Steindl-Rast am 12. Juli.
Ein Wiener, den es ins US-Reformkloster Mount Saviour verschlägt. Ein Wanderer zwischen westlicher und östlicher Spiritualität. Ein Brückenbauer zwischen Religionen. Zum 95. Geburtstag von David Steindl-Rast am 12. Juli.
„Wir bauen Bilder von Dir auf wie Wände; so dass schon tausend Mauern um dich stehn. Dich verhüllen unsre frommen Hände, sooft Dich unsre Herzen offen sehen.“ Zeilen wie diese aus Rilkes „Stundenbuch“ („Wir dürfen Dich nicht eigenmächtig malen“) bilden die geistige Nahrung David Steindl-Rasts während der Nazizeit. Am 12. Juli 1926 wird er mit dem bürgerlichen Vornamen Franz-Kuno in Wien geboren.
Den Grundstein einer tiefen Religiosität legen bei ihm vor allem seine Großmutter und seine Mutter. Seinen Intellekt schärft er in der katholischen Aufbruchsbewegung „Bund Neuland“, die 1938 verboten wird. Im sogenannten Do-Kreis rund um den Priester Arnold Dolezal sind Steindl-Rast und seine Freunde nicht nur im geistigen Widerstand gegen die Nationalsozialisten aktiv. Doch die letzten Kriegsjahre fordern auch unter den jungen „Neuländern“ einen hohen Blutzoll. Auch Steindl-Rast wird 1944 noch für den Wehrdienst in einer Kaserne rekrutiert. Nach ein paar Monaten desertiert er, taucht unter und betreut sudetendeutsche Flüchtlinge im Marchfeld.
Gegen eine Kultur der Angst
„Den Tod täglich vor Augen haben“ – dieser Rat des heiligen Benedikt ist damals für Steindl-Rast zur Lebenserfahrung geworden. „Zu sterben war für uns wahrscheinlicher, als zu überleben. Wir waren – trotz allem – unglaublich lebendig“, erinnert er sich an die dramatischen Kriegsjahre. „Deshalb waren wir so dankbar und haben uns über jeden Augenblick des Daseins gefreut.“ Hier liegt ein Wurzelstrang seiner späteren religionsübergreifenden Spiritualität der Dankbarkeit. Für ihn ist die Dankbarkeit das Herz aller großen religiösen Traditionen.
„Unsere Kultur ist geprägt durch Angst und Furcht. Daraus entspringt Gewalttätigkeit, unlauterer Konkurrenzkampf, Habgier und Ausbeutung. Dankbares Leben macht zunächst furchtlos. Es entspringt dem Vertrauen, dass auch alles, was uns bedrohlich erscheint, Gelegenheit mit sich bringt, die uns das Leben schenkt. […] Wenn wir nur diese drei Früchte der Dankbarkeit ansehen – Gewaltfreiheit, Zusammenarbeit und Teilen –, dann ist das schon revolutionär in unserer Welt“, wird er später im Buch „Das glauben wir“ schreiben.
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