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Nachrichten für die Patrioten

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Obgleich sich die Zensurbehörde als sehr wachsam erwies, gelang es des öfteren, wichtige Meldungen für die griechischen Patrioten unauffällig in die Texte einzubauen. In Konstantinopel erregte „Ephimeris" heftigen Unwillen und der kaiserliche Botschafter bekam immer wieder Beschwerdenoten der türkischen Regierung überreicht. Deshalb riet er nachdrücklich, im Interesse ungetrübter osmanisch-österreichischer Beziehungen, das griechische Blatt in Wien zu verbieten.

Das „Revolutionäre Manifest“ des Rigas Ferreos

So rasch gaben sich die Brüder Markis Poulios nicht geschlagen, im Untergrund arbeiteten sie weiter im Dienst der hellenlsehien Unabhängig keitsbestrebungen. Als Verfechter der Ideale der Französischen Revolution fanden sie Kontakt mit dem Nationalisten Rigas Ferreos, der sich seit 1796 in Wien aufhielt und hier eine griechische „Widerstandsbewegung" aiufbaute, die ihre Hoffnungen auf Bonaparte setzte. Neben anderen Aufrufen verfaßte Rigas in Wien eine Charta für eine demokratische Regierungsform Griechenlands nach dem Vorbild der Republik Frankreich. Diese Schrift gilt als das radikalste demokratische Manifest des 18. Jahrhunderts, es übertrifft an Kompromißllosigkeit sogar die Maximen der Französischen Revolution. (Grund genug für die Kommunisten, Rigas nachträglich für sich zu reklamieren und an seinem Wiener Wohnhaus im 1. Bezirk eine Gedenk tafel anzubringen. Anmerkung der Redaktion.)

Sein „Revolutionäres Manifest“ und das später berühmt gewordene „Kampflied“ druckten die Brüder Poulios während der Nacht auf ihren Zeitungspressen. Rigas selbst stand auf Posten und korrigierte dabei zwischen Tür und Angel die Bürstenabzüge. 1797, auf dem Weg nach Italien, wo er mit Napoleon Zusammentreffen und das Signal für den griechischen Aufstand geben wollte, wurde der Nationalistenführer in Triest verhaftet. Bei ihm konfiszierte man die geheim gedruckten Dokumente. Daraufhin wurden die Brüder Poulios eingekerkert. Als österreichische Untertanen entgingen sie der Todesstrafe, die an Rigas und seinen Mitverschwörem nach der Auslieferung an die Türken in Belgrad vollzogen wurde. Doch „Ephi meris“ wurde verboten, die Druckpressen wurden beschlagnahmt und die Brüder Poulios mußten das Land verlassen.

Die erste Literaturzeitschrift

Jahre vergingen, erst 1811 wurde in Wien wieder die Herausgabe einer griechischen Zeitung gestattet, es war allerdings nur eine kurzlebige Neugründung und sie erreichte bei weitem nicht die Bedeutung von „Ephimeris“. Aber ebenfalls von 1811 an erschien in Wien die erste griechische Literaturzeitschrift,

„Hermes Logios“, unter der Redaktion des Archimandriiten und Schriftstellers Athimos Gazis. 1812 publizierte Dimitrios Alexandiidis bei Joanniis Barth. Tzbekios, dem Nachfolger des Druckers Vendotis, seine „Grammatik! Graekiko-Tourkiki“, eine griechisch geschriebene türkische Sprachlehre.

Nach einer kurzen Unterbrechung wurde „Hermes Logios“ von zwei anderen bekannten Literaten weitergeführt, von Theoklitos Pharmakides und Konstantin Kokinakis. Diese Zeitschrift war eine Publikation von hohem geistigem Rang und brachte literarische, wissenschaftliche und philologische Arbeiten bedeutender griechischer Autoren jener Epoche. Für „Hermes“ schrieb der in Paris ansässige berühmte Sprachgeiehrte und Herausgeber alltgriechischer Texte Adamantdos Karais seine Abhandlungen, welche die kulturelle Wiedergeburt der griechischen Nation einleiteten. Von Wien aus gingen die Hefte mit dem Abbild des schwebenden Gottes in viele Staaten Europas.

Doch als philologischer Theoretiker hatte Korais viele Gegner, diese riefen in Wien ein zweites literarisches Organ ins Leben, es erschien erstmals am 1. Jänner 1818 unter dem Titel „Kalliope“ und entfesselte eine wissenschaftliche Fehde. In den Spalten der beiden Zeitschriften wurden erbittert« Polemiken über Fragen der Sprache, der Literatur und der Aufklärung ausgetragen, der Antagonismus steigerte sich oft bis zu gehässigen Ausfällen.

Ein Rückzugsgefecht

Mitten in diese rege publizistische Tätigkeit drang 1821 wie ein Fanal die Nachricht von der Revolution in Griechenland. Die meisten geistigen Führer der patriotischen Bewegung, die Mitarbeiter des „Hermes“ und der „Kalliope“ hatten die Kaiserstadt rechtzeitig verlassen, um rasch in die Heimat zu gelangen. Als Ypsilantis im Fürstentum Moldau- Walachei einmarschierte, exkommunizierte firn der ökumenische Patriarch unter dem Druck der Pforte und verurteilte den nationalen Aufstand.

Der osmanische Botschafter am Wiener Hof forderte drastische Maßnahmen gegen die griechischen Periodika. Um der schmachvollen Nötigung zu entgehen, den Text der Exkommunikation zu veröffentlichen, entschlossen sich die Herausgeber von „Hermes“ und „Kalliope" zur freiwilligen Einstellung. Doch das Polizeiministerium bestand darauf, daß in der letzten Nummer des „Hermes" das Dokument in vollem Wortlaut abgedruckt werde. Der einzige Ausweg war die Publikation als gesonderte Beilage, womit sich die Zeitschrift kommentarlos aber eindeutig von diesem erzwungenen Schritt distanzierte.

Dieses taktisch geschickt geführte Rückzugsgefecht setzte den Schlußpunkt unter die Geschichte der griechischen Presse in Wien. Jedenfalls hatten „Ephimeris“, „Hermes“ und „Kalliope“ entscheidend an der geistigen Erneuerung Griechenlands mitgewirkt.

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