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Waffen für die „Comedi“

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Dies war für lange Zeit die letzte größere militärische Operation hochfürstlicher Truppen, denn im österreichischen Erbfolgekrieg verhielt sich das Erzstift wieder neutral, nur die Landfahne wurde zur Defension gegen Bayern unter die Waffen gerufen — in diesem Fall waren es längst veraltete Luntengewehre!

Das Salzburger Kriegsvolk der Theresianischein und der Josephini- schen Epoche muß überhaupt ein sonderbares Bild geboten haben, halb drastische Genreszenen, halb vorweggenommenes Idyll von Spitzweg. Hausten doch die Soldaten mit zahlreichem Troß an Weibern und Kindern in ihren Quartieren, und Erzbischof Jakob Graf Dietrichstein gab in Anbetracht der erbärmlichen Besoldung sogar sein Placet dazu, daß die wackeren Krieger nebenbei ihr ursprünglich erlerntes Handwerk be treiben durften. „Ungelernte“ hingegen konnten sich — in Uniform! — als Sänftenträger verdingen. Bei der Artillerie vollends dienten einige Kanoniere, die schon schlotternde Greise waren. Und die Waffen aus dem Zeughaus fanden hauptsächlich als Requisiten bei der „Comedi“ Verwendung.

Damals begab es sich auch, daß Hauptmann Franz Armand d’Ippold, Mitglied des hochfürstlichen Hofkriegsrates, im Hause Leopold Mozarts verkehrte und, freilich erfolglos, um Nannerls Hand anhielt. Aus jener Zeit stammen kolorierte Uniformfigurinen, darunter die Darstellung des Bürgermilitärs der Stadt Salzburg. Namentlich die bürgerliche Reiterei trat bei festlichen Aufzügen gebührend in Erscheinung. Die Marschmusik für solche Paraden komponierte Michael Haydn.

Jählings brachen neue Kriegshändel in diese friedliche Welt ein. Das letzte Reichskontingent des Erzstiftes hatte BataUlonsstärke und stand volle acht Jahre im Feld, von 1793 bis 1801. Zwei Jahre später dankte Erzbischof Hieronymus Colloredo als geistlicher Reichsfürst ab, die neue kurfürstliche Regierung unter Erzherzog Ferdinand übernahm die regulären Truppen. Als das Land schließlich :zu Österreich kam, gehörte das eigenständige salzburgische Kriegsvolk der Vergangenheit an.

Vergessene Ordensritter

In der Heilbrunner Allee steht das kleine Schloß Emsburg, einer der alten Ansitze am Stadtrand. Heute ist der Bau ein Nonnenkloster, doch in der Vorhalle hängen noch immer die Porträts der Komture des „Sankt- Rupertus-Ritterordens“, vergessene vornehme Herren in weißen Perük- ken und dem Stil der Barockbildnisse entsprechend, in Renaissancehami- schen, den Ordensstem und das Ordensband auf der Brust. Erzbischof Johann Emest Graf Thun hatte diese ritterliche Gemeinschaft begründet, in dem Bestreben, aus den Reihen des heimischen Adels eine militärische Elite heranzubil- de, um so mehr, als für die Kommandostellen der Reichskontingente häufig fremde Offiziere in salzburgischen Dienste genommen werden mußten. Der Orden bestand 110 Jahre, von 1701 bis 1811, die Komture wurden in Fischer von Erlachs Dreifaltigkeitskirche bestattet und noch immer ist das blaue Ordenskreuz mit dem Bild des Landespatrons auf einem der Portale von Schloß Emsburg erhalten.

Was von den erzbischöflichen Soldaten blieb, sind Bilder, Urkunden, Berichte, anekdotische Erinnerungen, blinkende Partisanen, verblaßte, brüchig gewordene Fahnen und einige Geschütze mit kostbaren Bronzerohren. Eine mittelalterliche hölzerne Wurfmaschine hatte der unermüdliche kulturhistorische Wünschelrutengänger Hans Graf Wilczek zufällig in einem Winkel auf Hohensalzburg entdeckt. Das Ärar überließ ihm das „Graffelwerk“ zum Materialwert. Diese Bailiste machte dann sogar als einzige echte Belagerungsmaschine den Kaiserjubiläums- festzug von 1908 mit.

Die Prangerschützen in den Dörfern rings im Lande pflegten, freilich in veränderter Form, die alten Überlieferungen, wenn sie an Festtagen ausrücken, in langen Leibröcken wie einst die bäuerlichen Feuerschützen, den Hauptmann mit gezogenem Säbel an der Spitze. Die kriegerische Tradition hat sich schließlich zum Brauchtum gewandelt.

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