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BEAT VON FISCHER / EIN SCHWEIZER VERLÄSST ÖSTERREICH

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Wir Österreicher haben alle guten Gründe, dankbar zu sein, wenn wir in Wien Repräsentanten auswärtiger Mächte begrüßen dürfen, die mit dem ganzen Einsatz ihrer Person, ihrer Persönlichkeit, an der Freiheit und wahren Unabhängigkeit unseres Staates interessiert, ja engagiert sind.

Eine solche Persönlichkeit verläßt in diesem frühen Jahr 1964 Wien. Der schweizerische Botschafter Henry-Beat von Fischer-Reichenbach übernimmt die Vertretung der Schweiz in London. Eine ehrenvolle Berufung für ihn; ein schmerzlicher Abschied für uns. Dieser schweizerische Diplomat, der 1959 zum Botschafter in Österreich ernannt worden war, hat sich, wie man manchmal so billig oberflächig sagt, sehr verdient um die schweizerisch-österreichischen Beziehungen gemacht: Der rege kulturelle Austausch, das Auftreten schweizerischer Künstler, Wissenschaftler, Vortragender in Wien und Österreich, die Tätigkeit österreichischer Schauspieler, Künstler, Dichter und Schriftsteller in der Schweiz wurden von Beat von Fischer, einer Persönlichkeit von hoher musischer Begabung, sorgfältigst gefördert und beachtet. In den bitteren Jahren nach 1918 hatte ein junger schweizerischer Diplomat in Wien, Carl Burck-hardt, dem innerlich vereinsamten Hugo von Hofmannsthal sich in Freundschaft verbunden ...

Es sei also vorerst auf diese kulturelle Perspektive in der Mission Beat von Fischers hingewiesen. Geboren am 22. Juli 1901 in Bern, als Sohn eines sehr bekannten Architekten, der eine ganze Reihe der schönsten Bauten in Zürich, Freiburg, Basel und Bern schuf, die teilweise heute unter Denkmalschutz stehen, entstammt Henry-Beat von Fischer einer alten Berner Patrizierfamilie. Einer seiner Vorfahren war das letzte Staatsoberhaupt der alten Republik Bern. Ein anderer, der sich durch Weitblick und Unternehmungsgeist besonders auszeichnete, hatte von 1675 bis 1731 das Postregal der Republik Bern inne und schuf das erste geordnete Postwesen im Gesamtgebiet der damaligen Eidgenossenschaft. Kaiser Leopold I. belehnte ihn dazu mit dem Postregal in Vorderösterreich.

Beat von Fischer wurde zuerst Advokat in Turin, dann Sekretär der Schweizer Handelskammer in Berlin, war hierauf bei der schweizerischen Zentrale für Handelsförderung in Lausanne und Zürich tätig. 1929 trat er in den Dienst des eidgenössischen politischen Departments. Auf Außenposten war er in Den Haag, Buenos Aires, Montevideo, Santiago, Warschau, Kowno, Riga und Reval, Helsinki, Bukarest. Ab 1949 Gesandter in Ägypten, zugleich für Äthiopien, dann in Portugal, seit 1959 in Wien, wurde er jetzt zum Botschafter in Großbritannien ernannt. Seine besonderen privaten Interessen gelten der Geschichte der Psychologie und der Architektur; er ist Mitglied des Kuratoriums des C.-G.-Jung-Instituts in Zürich. Ein privates Hobby ist sein Weingut am Genfer See.

Beat von Fischer hat zwei Bücher geschrieben: „Contribu-tion ä la connais sance des rela-tions Suisses-Egyptiennes“ und „Dialogue luso-suisse“. Für dieses letztere Werk erhielt er 1961 den portugiesischen „Camoes-Preis“. Sein Studiengang begann übrigens in der „Stella matutina“ in Feldkirch, wo so bedeutende österreichische Politiker ihre Gymnasialzeit absolvierten...

Für Österreich wurde Beat von Fischer zuerst und zuletzt politisch bedeutsam: als ein anerkannter und vielbeachteter Freund der politischen Freiheit und der so vielfach gefährdeten Demokratie in unserem Lande. Dieser schweizerische Diplomat wußte sehr genau, wie sehr jede Schmälerung unserer Freiheit — durch deren eingestandene und uneingestandene Feinde — auch für die benachbarte Schweiz und für Europa fatale Folgen haben muß. Wir hoffen, in diesem wahren Freund Österreichs auch in England einen Fürsprech (so heißt in der Schweiz der Advokat) zu haben: In den schwierigen Zeiten, denen wir in Europa entgegengehen, braucht Österreich mehr denn je diplomatische Freunde im Ausland. Heute aber danken wir Beat von Fischer für seine Arbeit, seine Mission in Wien. Wir werden sie nicht vergessen,

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