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Der Präsident der ungarischen Exilregierung spricht

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Monsignore Bela V a r g a, der Präsident des ungarischen Parlaments aus dem Jahre 1945, gegenwärtig Präsident der ungarischen Nationalregierung im Exil in den Vereinigten Staaten, weilt augenblicklich in Rom, um von hier aus eine Informationsreise nach den Hauptstädten des westlichen Europas zu unternehmen. Der „Osservatore Romano“ vom 3. Juli veröffentlicht die ergreifende Darstellung, die Varga von der Lage in Ungarn gibt. In einer umfangreichen Denkschrift hat er eine Reihe von Originaldokumenten aus Ungarn zusammengefaßt, die sein Memorandum zu einer Anklageschrift gestalten, die von dem

Terror, der Sklaverei und dem Elend berichtet, in dem heute das ungarische Volk schmachtet. Damit die Stimme seines unglücklichen Landes nicht schweigen müsse in der freien Welt, hat Msgr. Varga, einer der seinerzeitigen Führer der ungarischen Kleinen Landwirtepartei, in Amerika berufene Männer zu einem ungarischen Nationalrat gesammelt, um eine Art Regierung in der Verbannuny zu bilden. Dem Nationalrat und seinem Apparat gehören der gewesene Ministerpräsident N a g y von der Kleinen Landwirtepartei, der Minister P a y e r von den Sozialisten, 10 gewesene Minister der letzten demo-

kratischen Regierung, 80 Parlamentarier aller politischen Gruppen des Landes und viele Staatsmänner und Gewerkschaftsvertreter aus der Zeit des letzten Jahrzehntes an. Msgr. Varga, der nach dem bolschewistischen Staatsstreich in Budapest verhaftet worden war und in den Polizeigefängnissen die Torturen der Gefangenen persönlich miterlebte, vermochte im Jahre 1947 seine Flucht ins Ausland zu bewerkstelligen. Er entwarf einen erschütternden Bericht über die Tragödie seines Vaterlandes.

über 60.000 ungarische Staatsbürger sind im Laufe des letzten Jahres in das Verteilungslager von Lotelek verschleppt worden und von da

in die russischen Zwangsarbeitslager

von Karaganda, Alma Asa, Taschkent und in das arktische Gebiet von Kolina. In zahlreichen Prozessen wurden Tausende von Personen aus allen Lagern verurteilt nur zu dem Zwecke, um dje nichtkommunistische Bevölkerung einzuschüchtern und die Arbeiter den kommunistischen Interessen zu unterwerfen und das Land von allen Elementen zu säubern, die sich irgendwie den Ideen und Methoden der russischen Diktatur nicht zugänglich erweisen. Zu diesen Verfolgungen zählen vornehmlich auch die Prozesse, die gegen die Priester und überx haupt gegen die Vertreter der katholischen Kirche geführt werden. Für jene, welche sich in den inszenierten Prozessen hinter den Eisernen Vorhang nicht die sogenannten „Geständnisse“ und Selbstanklagen der Angeklagten erklären können, illustrierte Varga

die Verhörmethoden der kommunistischen Staatspolizei,

denen er selbst während seiner Gefangenschaft unterworfen worden war. Er ist also unmittelbar Zeuge. Die Methode der Präparierung der Opfer für die Zwecke der Anklage vollzieht sich in zwei Phasen, berichtet Varga. In der ersten handelt es sich darum, die Vernichtung der geistigen Persönlichkeit des Menschen herbeizuführen, in der zweiten, ihm die gewollten Geständnisse zu suggerieren. Wer tagelang in einer kleinen finsteren Kammer ohne Speise, ohne Trank, ohne eine Kenntnis der Zeit aushalten kann, mit Gewalt von einem Wächter wachgehalten, der den Gefangenen alle zehn Minuten schüttelt, wer da nicht die Nerven verliert, dem werden dann überstarke blendende Leuchtkörper unter die offenen Augen gehalten und er wird dann festgehalten vor einer flimmernden weißen Mauer, die grell erleuchtet ist von mächtigen Reflektoren, vor denen er mit erhobenen Armen stehen muß, bis er ohnmächtig wird. Dann werden ihm Pastillen von „Acte-dron“ eingegeben, eine Nervenstimulans, welche dem Gehirn einen außerordentlichen Anreiz gibt. Wer kann allen diesen Torturen widerstehen, die kein Ende haben, bis nicht der Angeklagte beweist, daß in ihm jede Widerstandskraft erloschen ist? In der zweiten Phase der Methode setzt die Suggestion ein, die in einem spezialisierten Verhör dem Angeklagten eintrichtert, was er vor dem Richterprozeß auszusagen hat; dies wird fortgesetzt bis zur völligen geistigen Erschöpfung des Opfers, und man sicher sein kann, daß der Angeschuldigte das Eingelernte mechanisch, ein Wort nach dem anderen, wiederholt, nur mehr eine Gliederpuppe, die noch sprechen kann, um sich der scheußlichsten Verbrechen anzuklagen. So macht man es mit den Bischöfen, wie man es auch gegen jene Exponenten des ungarischen Kommunismus gemacht hat, die nach Resistenz gegen den Nazismus bis zur Ministerschaft aufgestiegen, eines zu geringen Konformismus mit den Absichten Moskaus beschuldigt wurden, wie der Minister des Inneren, R a j k, und alle anderen, auch der Außenminister K a 11 a i.

Nun ist Msgr. Varga daran, das Anklagematerial gegen die Budapester Blutherrschaft den demokratischen Völkern der freien Welt zu unterbreiten. Er erzählte in Rom von einem Gespräch, das er selbst 1945 mit R a k o s i, dem Führer der ungarischen Kommunisten hatte und in dem R a k o s i erklärte, wenn der Kommunismus in Ungarn zur Macht gelangt wäre dann wäre der Papst und seine Umgebung deportiert worden.

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