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Der zweite Weltkrieg 1939 — 1945

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Mit Recht erwartete man vom zweiten Band des Werkes von Görlitz mit Spannung, wie der Autor die so schwierige Materie von der Wende von Stalingrad bis zur totalen Kapitulation meisterp würde. Es kann gleich vorweg- gesagt werden, daß Görlitz nicht enttäuscht hat, sondern mit sicherem Griff die wichtigsten Phasen der Endentscheidung des Krieges heraushebt und unter Verwendung auch der kleinsten Hinweise meisterhaft schildert. Der Italienfeldzug und der Sturz Mussolinis sowie die unglückliche Offensive bei Kursk, dieser „Schwanengesang“ der deutschen Panzerwaffe, leiten über zu der Katastrophe des Winterfeldzuges 1944 in Rußland. Ehe Görlitz die militärischen und politischen Voraussetzungen zur Invasion darlegt und vor allem die enge Berührung dieses Problems mit der Frage des innerdeutschen Widerstandes aufwirft, untersucht er in einem umfangreichen Kapitel den Partisanenkrieg an allen Fronten. Bisher existiert fast keine genaue und historisch richtige Darstellung der so furchtbaren Entartung des modernen Krieges — wobei Hitler niemals die historischen Wurzeln begriff und Partisanen grundsätzlich als „Rebellen“ behandeln wollte. Aus der geglückten Invasion ergab sich die letzte große Stunde für die „Fronde" der deutschen Militärs und Politiker. Görlitz kommt zu dem Schluß, daß selbst beim Gelingen der Aktion des 20. Juli 1944, auf Grund der bindenden Beschlüsse der Westmächte, vor allem der Einstellung Roosevelts zum Deutschlandproblem, es kaum möglich gewesen wäre, eine Milderung der Kapitulationsbestimmungen zu erreichen. Dieses 60 heikle Kapitel wird mit Takt und sehr geschickter Abwägung der einzelnen Quellen erläutert und beweist wieder, daß der Verfasser keine rein militärische Geschichte des zweiten Weltkrieges, sondern auch eine politische und soziologisch-

wirtschaftliche Zusammenschau erstellen wollte. Eine deutsche Entscheidung zwischen Ost oder West, mit der Hitler namentlich 1944 unter dem Einfluß Ribbentrops spielte, gab es nach Görlitz nicht mehr. Auch die Konferenzen von Teheran und Yalta besiegelten die längst vorgefaßten Meinungen und Absichten Roosevelts, währenddem die deutsche Opposition immer noch auf die britische Staats-

weisheit hoffte. Der Zusammenbruch der Südostbastionen und das verwirrende Bild der letzten Teilkämpfe auf deutschem Boden wird erstmalig mit Klarheit dargelegt.

Kleine Schönheitsfehler, die sich vor allem merkwürdigerweise auf Österreich beziehen, mögen bei der Neuauflage vermieden werden. Der Kommandant der Division „Hoch- und Deutschmeister“ in Italien war Generalleutnant Dr. Franek und nicht Frank. Bei der Schilderung der Vorgänge des 20. Juli in Wien unterläuft ein ähnlicher Fehler, denn der Stabschef des Wehrkreiskommandos XVII war damals Oberst Codre, nicht Coudre. Beim Endkampf um Wien wurde nicht der ehemalige Major Sokoll, sondern Major Biedermann hingerichtet. Auch wäre es notwendig, daß dieses Teilkapitel noch auf Grund der österreichischen Publikationen überarbeitet würde.

Im ganzen gesehen, hat jedoch der Verfasser wirklich alle erreichbaren Quellen herangezogen und damit dieses Werk zur bisher besten politischen und militärischen Geschichte des zweiten Weltkrieges geformt.

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