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Die Brückenzerstörung in der Schlacht von Aspern

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„Die Warte“ vom 17. Mai 1947 brachte einen Auszug aus den Lebenserinnerungen des Braunauer Schiffmeisters Michael Fink. Nach seinen Aufzeichnungen will Fink es gewesen sein, der die Anregung zur Zerstörung der feindlichen Kriegsbrücke in der Schlacht bei Aspern gegeben hat. So erfreulich jede Bereicherung der Darstellung einer 4er bemerkenswertesten Schlachten ist und so wichtig es erscheint, Verdienste einzelner der Vergessenheit zu entreißen, erfordert es dennoch die geschichtliche Objektivität, die Tätigkeit F i n k s richtig in das Gesamtbild einzufügen. Niemand wird F i n k s patriotische Initiative bezweifeln, doch soll nicht der Eindruck entstehen, als hätte die österreichische Armeeführung 1809 an eine Brückenzerstörung gar nicht gedacht, als hätte der in mehreren Feldzügen hochverdiente Chef des Pontonier- und Fcld-brückenwesens, General von Hohen-brück, „keinen Mann zu dieser Aktion entbehren“ wollen, und als wäre dem Haupthelden der kühnen Angriffe gegen die feindliche Donaubrücke, dem der Ingenieurakademie entstammenden Generalstabshauptmann Friedrich Magdeburg, der Maria-Theresien-Orden und der Freiherrnstand (nicht Grafenstand) eigentlich zu Unrecht verliehen worden.

Die Tradition der Zerstörung feindlicher Strombrücken durch von stromauf herabgelassene, schwimmende Gegenstände, wie Schiffe, Schiffmühlen, Flöße, Brander, später durch Treibminen, war in der österreichischen Armee, die vom Niederrhein bis zur unteren Donau wiederholt um Flußübergänge zu kämpfen hatte, so lebendig, daß noch im Weltkriege 1914 bis 1918 die einzige große Brückenzerstörung durch Treibschiffe 1916 bei iRjahove der k. und k. Donauflottille gelang. Und so hatte auch 1809 General von Hohenbruck im Stabe des Erzherzogs Karl sofort nach Kriegsbesinn a^e Donaufahrzeuge verzeichnen lassen, um sie im Bedarfsfalle zur Verfügung zu haben, und es waren auch genügend viele Pontoniere und Schiffleute bereitgestellt. Als der Generalissimus am Vormittag des 21. Mai seine Bispositionen zur Schlacht ausgab, da befahl er persönlich und nachdrücklich dem Feld-marschalleutnant Hiller, durch Truppen des fünften Korps die Feindbrücke zerstören zu lassen und versprach allen Soldaten Auszeichnungen, die mit Schiffen, Schiffmühlen oder Flößen die Brücke Napoleons erfolgreich angreifen würden. Hauptmann Magdeburg stellte sich freiwillig zur Leitung des schwierigen Unternehmens zur Verfügung und begab sich unverweilt nach „Am Spitz“ bei Jedlersdorf. Noch bevor seihe Anordnungen ausreiften, hatten schon Uferbesatzungen unter Ausnützung des Hochwassers einzelne Schiffe abgelassen und die Brücke am 20. Mai gegen 17 Uhr 'beschädigt. Auch der Oberleutnant Atsch vom 49. Infanterieregiment ließ am 21. Mai vormittags beladene Salzschiffe ab und unterbrach die in der Nacht wieder hergestellte Brücke gegen 10 Uhr. Die dritte Beschädigung erfolgte um 19.30, und um 3 Uhr des 22. Mai erreichte der erste Großangriff Magdeburgs mit einem Kehl-heimer Schiff und mehreren Flößen die Brücke, die dann bis 6 Uhr unterbrochen blieb. Der zweite Großangriff erfolgte um 7.30 Uhr, riß gegen 20 Schiffe aus der Kriegsbrücke, die von den französischen Pionieren in bewundernswertem Bemühen erst gegen 14.30 wieder passierbar gemacht werden konnte. Schon aber näherten sich der Brücke um 15.30 Uhr die nächsten vier Flöße, und um 18 Uhr wurde die Brücke zum siebenten Male zerrissen. Nun blieb sie bis zum 25. Mai unterbrochen, an welchem Tage Magdeburg neuerliche Angriffe begann .— im ganzen wurde es ihrer 11. Alle Schiffe und Flöße waren entweder als Brander hergerichtet oder aber als halbversenkte Treibfahrzeuge.

Der Erfolg der Gesamtaktion war ein überwältigender. Schon am 21. Mai wurde Napoleon infolge der Verlangsamung des Überganges über die fünf Stunden lang unterbrochene Brücke in die Verteidigung gedrängt, und am 22. Mai mußte sich der Kaiser zum Rückzug entschließen, als es Erzherzog Karl gelungen war, im Zusammenspiel mit den Branderangriffen seinen Gegner am Nordufer in jenem Zeitpunkt anzufallen, als dieser ziffernmäßig noch schwächer war und sich ohne Brücke nicht mehr verstärken konnte. Bei aller Würdigung der Haltung aller österreichischen Truppen muß den Pionieren ein besonders rühmlicher Anteil am Sieg eingeräumt werden, und Erzherzog Karl sparte auch nicht mit der Anerkennung und Auszeichnungen für diese Waffentat. Hauptmann Magdeburg bekam das Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens (er starb 1810, und in Klosterneuburg beim Pioniermuseum und in Wien XXI. wurden Straßen nach ihm benannt). Die Waffentat ist in den Truppengeschichten verewigt, und das Heeresmuseum bewahrt eine im Traditionswerk des Bundesheeres von 1931 veröffentlichte Radierung von Viechbeck, die Magdeburgs Branderangriff bei Aspern darstellt.

Wer sich bei dieser planmäßig und von der Armeeführung breit aufgebauten Aktion besonders hervorgetan hatte, wurde gebührend belohnt und der Nachwelt überliefert. Wenn nun Michael Fink bis heute nirgends genannt wurde, mag die Ursache darin liegen, daß er doch nicht unmittelbar am Angriff beteiligt war und in seiner damals vom Feind besetzten Heimatstadt wegen seiner Rolle nicht genannt sein wollte. Daß er sich aber aus eigenem um Bereitstellung von Treibschiffen bemüht hat, sichert natürlich auch ihm, daß gerne von nun an im Zusamenhange mit den Helden von Aspern auch der Name Michael Fink genannt werden wird.

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