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Feierlicher Protest

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„Im Namen des Kardinalskollegiums, dem ich angehöre, im Namen der.österreichischen Bischöfe, der Gläubigen und im Namen aller Gutgesinnten spreche ich einen feierlichen Protest aus gegen das Unrecht, das einem freuen Sohn und Hirten der katholischen Kirche widerfahren ist“, erklärte Kardinal Innifzer am 3. Oktober 1953 auf einer Pressekonferenz im Erzbischöflichen Palais zu Wien vor den Vertretern der in- und ausländischen Presse. „Wir können unmöglich dazu schweigen“, erklärte der Kardinal weiter, „und fordern die Freiheit für den Primas von Polen, der niemandem etwas zuleide getan hat.“

Eingangs wies der Kardinal auf die Vorgänge in Polen hin, die Verurteilung des Bischofs Kaczmarek und nun die Verhaftung des polnischen Primas. Nicht nur die Gläubigen, sondern die ganze zivilisierte Welt, jeder, der noch menschlich fühlt und denkt, wird gegen ein solches Vorgehen protestieren. Niemand wird glauben, daß der Kardinal ein Hochverräter war. Einzig und allein der Haß gegen Kirche und Glauben, gegen Menschenrechf und Menschenfreiheit ist es, der dieses Vorgehen veranlagt hat. Die Aufrichtigkeit und der Mut des Primas waren den polnischen Machthabern ein Dorn im Auge, denn Intoleranz ist das Kennzeichen dieses Gewaltregimes. Kardinal Innitzer wandte sich eindringlich an die Journalisten, das Schwelgen zu brechen und die breiteste Oeffenflich-keit über diese unwürdigen Vorgänge zu unterrichten. Es dürfe nicht wieder nach zwei bis drei Tagen die eisige Welle des Schweigens hereinbrechen. Wenn Grundrechte des Menschen auf dem Spiele stehen, müsse sich die ganze zivilisierte Welt erheben und protestieren.

„In dieser Stunde“, so erklärte der Kardinal weifer, „drängt es mich, im Namen aller Katholiken Oesterreichs ein Treuebekenntnis zur heiligen Kirche und zum Heiligen Vater zum Ausdruck zu bringen. Wir fühlen mit ihm, und um unsere Verbundenheit zu bezeugen, haben wir ein Telegramm nach Rom abgesendet.“ Kardinal Innifzer verlas daraufhin den Text des Telegramms und schlaf) mit den Worten: „Wir stehen in Teilnahme mit unseren Glaubensbrüdern. Gott segne den polnischen Primas und das schwergeprüfte polnische Volk.“

Das Telegramm an den Heilige nVater hat folgenden Wortlaut: „Heiliger Vaferl Die Bischöfe und Katholiken Oesterreichs haben die jüngsten Verfolgungen der Kirche Polens, die mit dem Gewalfakt gegen den Primas von Polen, Kardinal Wyszynski, ihren Höhepunkt erreichten, in tiefer innerer Anteilnahme miterlitten. Sie beurteilen einmütig mit der ganzen zivilisierten Welt die staatliche Willkür gegen die polnischen Oberhirten und protestieren vor aller Welt gegen die Vergewaltigung der Freiheit und der Menschenwürde. Vereint mit Eurer Heiligkeit in Gebet und Opfer für die verfolgte Kirche in Polen, bitten sie ehrfurchtsvoll, die ganze moralische Macht des Heiligen Stuhles einzusetzen, um das Gewissen der Regierenden der Welt aufzurütteln, damit durch ihre Einflußnahme den hartgeprüften polnischen Glaubensbrüdern und ihrem Primas bald wieder Freiheit und Friede geschenkt werde. Theod. Kard. Innitzer.“

Die Katholische Männerbewegung Oesterreichs veranstaltete am Sonntag in Wien •ine Tagung der Führerschaft, bei der eine Resolution: gegen die Kirchenverfolgungen in Polen angenommen wurde.

Um für die verfolgte Kirche in Polen zu beten, wird vom 7. bis.9. Oktober in der franziskanerkirche ein Triduum gehalten. Jeweils um 19 Uhr ist .Predigt, anschließend Andacht mit Gebetsrufen für die verfolgte Kirche, Es predigt P. Provinzial Edmund Schinko OFM. Zum Abschluß des Triduums wird Samstag, den 10. d., um 19 Uhr Kardinal Innifzer im Stephansdom mit der Katholischen Jugend eine1 Abendmesse feiern. Die Predigt hält Msgr. Otto Mauer.

Aus allen Teilen der Welt gehen beim Heiligen Stuhl anläßlich der Verhaftung von Kardinal Wyszynski Protestschreiben gegen diese neue Vergewaltigung des Rechfes jenseits des Eisernen Vorhanges ein.

So hat u. a. der Erzbischof von Köln, Kardinal F r i n g s, an Papst Pius XII. ein Telegramm gerichtet: „Wir protestieren gegen das Unrecht, das der Kirche angetan wird. Wir frauern mit der verfolgten Kirche über die Leiden und Prüfungen, die über Bisehöfe, Priestet und Gläubige gekommen sind, und beten, daß Goff ihnen die Gnade des Starkmuts schenken möge.“ Auch der bayrische Episkopat (Kardinal Wendel) hat an den Papst telegraphiert. • „

Die christlich-jüdische Vereinigung in den USA hat Außenminister Dulles aufgefordert, im Namen des amerikanischen Volkes bei der UNO gegen die Amtsenthebung und Verschleppung Kardinal Wyszynskis durch die kommunistische Regierung. Polens schärfsfens zu protestieren. Alle Amerikaner, ob protestantischen, katholischen oder jüdischen Glaubens, so betont die Vereinigung abschließend, verurteilen einmütig diese jüngste Verletzung einer Grundfreiheif durch einen kommunistischen Staat.

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