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Heimat Böhmen

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Prag. Die vielgestaltige Stadt. Von Rudolf Schreiber. Holzner-Verlag, Kitzingen. 150 Seiten. 12 Abbildungen.

Leider gelingt es dem Autor nicht ganz, die „vielgestaltige Stadt" dem Leser vor Augen zu führen, besonders, wenn derselbe das große Werk von Schürer kennt. Sein Buch ist vielmehr, was der zweite Untertitel verrät: ein kurzer Abriß der Geschichte der Stadt, mit starken Rückblendungen auf die Gesamtgeschichte Böhmens. Teilweise sehr nüchtern, teils sehr trocken geschrieben. Zwei Stellen sollen nicht unwidersprochen bleiben: Seite 116 schreibt der Verfasser Palacky und seinem Kreis die Absicht zu, den österreichischen Staat den slawischen Völkern ausliefern zu wollen. Ein Märchen, das nirgends bewiesen werden kann. Palackys Wunsch war vielmehr, Oesterreich einen Staat werden zu lassen, in dem alle Nationen gleichberechtigt waren, Im Gegensatz dazu haben weite Teile des madjarischen und deutschen Volkes die Habsburgermonarchie nur diesen beiden Völkern ausliefern wollen. Zum großen Unglück des Reiches. Ferner sagt der Verfasser (Seite 119) anläßlich des Ausscheidens des letzten deutschen Vertreters aus dem Prager Gemeinderat: „Es ist wohl bezeichnend, daß noch tief in der alten österreichischen Zeit, da noch deutschsprechende Statthalter in Prag residierten, dem Prager Deutschtum aller Einfluß auf die Leitung der Stadt genommen werden konnte." Die Gemeinderäte wurden bekanntlich gewählt. Wenn also der letzte deutsche Vertreter verschwand, dann war damit doch nur gesagt, daß das deutsche Element in Prag zahlenmäßig nicht stark war. Der Vorgang zeigt nur, wie entwickelt im alten Oesterreich schon die Grundsätze der Demokratie waren. Sonst nichts. Daraus aber dem alten Oesterreich einen Vorwurf zu machen, ist absurd.

Festschrift zum 75. Geburtstag Rudolf Lodgmans von Auen. Herausgegeben von Albert Karl Simon. Sudetendeutsche Landsmannschaft, München. 116 Seiten.

Lodgman von Auen spielte eine bedeutende Rolle in der sudetendeutschen Politik. 1911 schon gehörte er dem Wiener Reichsrat an, ein Jahr später dem böhmischen Landtag. 1918 war et für kurze Zeit Oberhaupt der sudetendeutschen Landesregierung, von 1920 bis 1925 Mitglied des Prager Parlaments. Seine Rolle in dieser Zeit war nicht sehr glücklich, da er eher dem Unfrieden als dem Frieden zwischen Tschechen und Deutschen diente. In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg beschäftigte er sich hauptsächlich mit der Organisierung der sudetendeutschen Landsmannschaft in Deutschland. Die Festschrift, die Beiträge u. a. von Tschechen, Slowaken, Kroaten, Ungarn, Sudetendeutschen und Oesterreichern enthält — auch der Chef des Hauses Habsburg ist mit einem bemerkenswerten Beitrag vertreten —, soll nicht nur der Würdigung der Persönlichkeit des Gefeierten dienen, sondern auch der Verständigung der Völker im Donauraum, was ihr besonders als Verdienst anzurechnen ist.

Sudetendeutsche Volkskunde. Von Josef H a n i k a. 4Q Seiten. — Die sudetendeutsche Wirtschaft in der Tschechoslowakei. Von Robert P o 1 z e r. 38 Seiten. — Geschichte der Deutschen in Böhmen und Mähren. Von Wilhelm Weizsäcker. 34 Seiten. Flemmings-Verlag, Hamburg.

Diese drei kleinen, vom Göttinger Arbeitskreis herausgegebenen Schriften unterrichten rasch und gut über die Geschichte, Volkskunde und Wirtschaft der sudetendeutschen Volksgruppe. Weizsäcker geht in seiner Absicht, daß das Bestreben der tschechischen Politik darauf gerichtet war, die Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit in der CSR zu entnationalisieren, sicherlich viel, viel zu weit. Auf die zahlreichen politischen Fehler der Sudetendeutschen im alten Oesterreich und der Republik weist der Verfasser dagegen so gut wie gar nicht hin.

Die sudetendeutsche Frage. Ihre völkerrechtliche Entwicklung vom ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Von Hermann Rasch hofer. Isar- Verlag, München. 310 Seiten. Preis 12 DM.

Das Sudetengebiet ist heute auf Grund eines Beschlusses der Alliierten der Tschechoslowakei zur Verwaltung übergeben. Es ist noch nicht Teil der Republik. Dies kann es nur auf Grund des Friedensvertrages werden, bei dem beide Seiten gehört werden müssen. Die Ausbürgerung der Sudetendeutschen ist infolgedessen ungültig, sie besitzen im Gegenteil nach wie vor ein Recht auf ihre Heimat. — Dies ist der Tenor der sehr genauen und gelehrten Abhandlung des bekannten Juristen und Gelehrten über die sudetendeutsche Frage. Der Hauptzweck der Abhandlung ist, der sudetendeutschen Volksgruppe eine Klarstellung ihrer juridischen Lage zu geben, die bei kommenden Verhandlungen als Argumente in die Debatte geworfen werden könnten. Ein Zweck, den die Abhandlung erreicht. Eine Lösung dieser Frage selbst gibt der Verfasser nicht. Er deutet nur an, daß die neue Lösung weder die von 1918 noch die von 1938 sein müsse, sondern eine neue. Sie aber könnte wohl nur sein, ein friedliches und gleichberechtigtes. Nebeneinanderleben beider Nationen in der böhmischen Heimat.

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