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KÖNIG FREDERIK IX. VON DÄNEMARK / MUSIK UND MAJESTÄT

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Die dänische Königsfamilie ist von der Jagdlust der internationalen lllustriertenwelt bisher verschont geblieben, und es deutet nichts darauf hin, daß sich an dieser für alle Beteiligten, außer den Intimitätenjägem selbst, erfreulichen Tatsache in Zukunft etwas ändern würde. „Wir sind schließlich ganz gewöhnliche Leute“, soll der König vor einigen Jahren bei einem offiziellen Besuch in Paris gesagt haben, wo er und die Königin mit großer Herzlichkeit empfangen wurden. „Aber man grüßt ja nicht so sehr uns als vielmehr Dänemark.“ Mit diesen Worten hat der König nicht nur den tieferen Sinn der heutigen Staatsbesuche gekennzeichnet — Förderung des gegenseitigen Kennenlernens unter den Völkern —, sondern auch zum Ausdruck gebracht, daß er sich als Repräsentant einer europäischen Kulturnation mit tausendjähriger Geschichte und eines demokratisch regierten Staates versteht, dessen vier Millionen Einwohner zum größten Teil ebenfalls „ganz gewöhnliche Leute“, das heißt, rechtschaffene, freie Bürger sind.

Über diesen „ganz gewöhnlichen“ Repräsentanten des Königreiches Dänemark weiß man in Österreich nicht viel. Im Zusammenhang mit dem Gastspiel der Wiener Philharmoniker in Kopenhagen hat man kürzlich Näheres von der Musikliebe des Königs gehört. Er ist, genau genommen, ein voll ausgebildeter Dirigent, der jahrelang bei großen symphonischen Konzerten die Meisterwerke der Musikliteratur dirigierte. Es wäre jedoch falsch, König Frederik IX. für einen sympathischen Sonderling, für einen „König auf dem Konzertpodium“ zu halten. Die Geschichte seines Landes während seiner Kronprinzenzeit hat von ihm in entscheidenden Stunden wahrhaft „königliche“ Eigenschaften abverlangt; jene Haltung, die aus Prinzipientreue,

Charakterstärke, Mut und außerdem noch aus dem Gegenteil dessen zusammengesetzt ist, was man als „Sich-in-Szene-Setzen“ bei vielen anderen Zeitgenossen so gut kennt.

Der 1899 geborene Kronprinz Frederik war bis zu seiner Thronbesteigung nach dem Tode seines Vaters, des Königs Christian X., im Jahre 1947, aktiver Marineoffizier. 1935 heiratete er die schwedische Prinzessin Ingrid, Tochter Königs Gustav VI. Adolf von Schweden. (Von den drei Töchtern des Königs studiert die älteste, die Thronerbin Prinzessin Margrethe, gegenwärtig internationales Recht und Politik.) Nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges wollte Dänemark trotz des verstärkten Druckes von Deutschland her, seine Unabhängigkeit und seine traditionelle Neutralität bewahren. Das Land verfügte über eine tüchtige Armee und Kriegsmarine, war wirtschaftlich dank seiner hochentwickelten Landwirtschaft weitgehend autark und hatte ein gesundes parlamentarisches System. Nationalsozialisten und Kommunisten gab es in dem Land nur in verschwindend geringer Zahl. Die Wehrmacht überrumpelte Dänemark trotzdem am 9. April 1940, und es kam noch nicht einmal zu einer Mobilmachung. Über die bitteren Erfahrungen der Besatzungszeit spricht man in Dänemark offen. Niemandem fällt es dort ein, den Umstand, daß es einen bewaffneten Widerstand erst gegen Ende des Krieges gegeben hat, durch einen nachträglichen Widerstandsmythos zu überspielen, aber man weiß, daß in Dänemark Demokratie und Vaterlandstreue auch in jener düsteren Zeit gelebte Wirklichkeiten waren.

So konnte die Gestalt des greisen Königs Christian, seine täglichen Spazierritte durch Kopenhagen, ein ebensolches Symbol des Widerstandes werden wie etwa das große Volksliedersingen, „Alsang“ genannt, in den Parks und auf öffentlichen Plätzen in den ersten Kriegsjahren. Und es gehörte damals, zur Zeit der großen deutschen Siege, tatsächlich Mut und Prinzipientreue dazu, etwa ein Glückwunschtelegramm Hitlers unfreundlich zu beantworten — wie dies am 26. September 1942 durch den König und den Kronprinzen geschah.

Der König und die Königin von Dänemark werden nun in Österreich mit allen Ehren, die das Protokoll vorschreibt, willkommen geheißen. Etwas weniger vom üblichen Zeremoniell seitens der Gastgeber wäre dabei zu wünschen und etwas mehr Auskunft über Land und Leute, als deren Repräsentanten sich die Gäste Österreichs nun vorstellen und hier herzlich begrüßt werden.

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