Digital In Arbeit

VON NEUEN BÜCHERN

19451960198020002020

dadori, Verona. 700 Lire.

19451960198020002020

dadori, Verona. 700 Lire.

Werbung
Werbung
Werbung

Der Seekrieg 1939/45 hat in sefnen Einzelheiten viel Neues gebracht, in seinen Gründungen folgte er unalten Gesetzen, die Perikies in die Worte faßte, das Seewesen stehe9 im Staate an erster Stelle, die Raleigh dahin präzisierte, wer die See beherrsche, dem gehöre die Weit, und die Mahan in engerem militärischem Sinne mit dem Satze ausdtückte, daß in großen Kriegen die Seemacht entscheide. In der Tat hat auch der zweite Weltkrieg den Einfluß der Seemacht in seiner ganzen unveränderten Stärke gezeigt, wie die Beherrschung der Meere zur Existenzfrage der Alliierten wurde, wie die Atlantikschlacht die Voraussetzungen für die Landungen in Afrika und Europa schuf, wie im Nördlichen Eismeer und im Stillen Ozean Seekämpfe aller Art aus- getragen werden mußten, um die Endentscheidung auf dem Lande zu erzielen. Das Hinzutreten der Luftwaffe änderte sehr wesentlich den Charakter der Operationen zur See, und wie ausschlaggebend das Zusammenwirken von Fliegern und Schiffsverbänden für den Erfolg war, zeigt uns der italienische Admiral Jachino in seinem Buche über eine von ihm geleitete Operation im östlichen Mittelmeer. Italien ist wohl der einzige ehemalige Achsenpartner, der Beiträge zur militärischen Geschichte des zweiten Weltkriegs liefern kann, was insofern von großer Wichtigkeit ist, als sich jede Geschichtsschreibung auf beiderseitige Quellen und Darstellungen stützen muß, dia sie sonst problematisch bleibt. Der Verfasser, seinerzeitiger Marineattache in London, ist der letzte lebende italienische Eskaderkommandant, und er hat es sich zum Ziel gesetzt, in der Schilderung einėr britischritalienischen Seeschlacht zu zeigen, daß sich — wie er sagt — die italienischen Marineure im Kriege 1940/43 gegen Übermacht besser gehalten haben, als 1915/18 gegen einen an Zahl und Mitteln unterlegenen Gegner. Es handelt sich um die Kämpfe nächst der Insel Gaudo, südlich von Kreta und südwestlich des K p Matapan, am 28. März 1941, in deren Verlauf Admiral Jachino mit dem Schlachtschiff „Vittorio Veneto" und der 3. Kreuzerdivision zunächst mit der englischen Kreuzerdivision Pridham-Wippell morgens ein Feuerduell bestand, es aber in der Nacht nicht zu hindern vermochte, daß die von Alexandria ausgelaufene Flöttenabteilung des Admirals Cunningham die 1. italienische Kreuzerdivisiön überfiel und vernichtete. Drei Kreuzer und drei Torpedoboote gingen unter,

ohne daß sie sich überhaupt zur Wehr hätten setzen können, und das am selben Tage havarierte Schlachtschiff „Vittorio' Veneto" mußte froh sein, vom Gegner unbelästigt seine Heimfahrt durchführen zu können. Jachino hatte vor dem Regierungschef Rechenschaft abzulegen und diese bestand vor allem in dem Hinweis auf den Mangel an der notwendigen Luftaufklärung. Mussolini gab wohl unverzüglich den Befehl zum Bau eines Flugzeugträgers — den Italien damals noch nicht besaß —, doch konnte ein solcher bis zum Waffenstillstand nicht mehr fertiggestellt werden. Der kommandierende Admiral macht besonders geltend, daß auf gegnerischer Seite ein einziges Flugzeug am Vormittag genügt hatte, um die britischen Seestreitkräfte in Übermacht auf den Plan zu rufen, und daß die eigenen Flugzeuge diese Feindaufklärung nicht verhinderten. Auch über die weiteren Bewegungen des Feindes blieben die Italiener bis in die Nacht ohne jede Nachricht, weil weder die eigenen noch die verbündeten, auf Sizilien installierten deutschen Flieger zweckmäßg eingesetzt waren. So konnte die italienische 1. Division vollkommen überrascht und versenkt, so konnte durch ein einziges Feindflugzeug der ganze Plan, die britischen Verbindungen zwischen Ägypten und Griechenland durch einen Flottenvorstoß zu stören, vereitelt werden. Es ist bemerkenswert, daß es fünf volle Jahre währte, bis alle Einzelheiten dieser Seeschlacht festgelegt werden konnten, was hauptsächlich für den Zusammenstoß in der Nacht anfangs ganz unmöglich war. Die vom britischen Kommandanten ergriffenen Maßnahmen zur Rettung der italienischen Schiffbrüchigen sind ein Beweis, daß es auch im zweiten Weltkriege noch Kriegsschauplätze gegeben hat, wo der Sieger die Vernichtung nicht über die durch ritterliche und menschliche Erwägungen gezogenen Grenzen hinaus vollzogen hat. Dies alles berichtete Admiral Jachino, und er versteht es, in seinem durchaus sympathisch anmutenden Buthe sich ausschließlich auf das Soldatische zu bechränken, in schlichter Weise unter Ablehnung der sattsam bekannten verlogenen Propagandakommuniques seine Führung zu recht- fertigen und der Nachwelt die alte Wahrheit in Erinnerung zu rufen, daß auch aus verlorenen Schlachten gelernt werden kann. Die 33 verschiedenen Bild- und Kartenbeilageri tragen zum Verständnis der keineswegs leicht überblickbaren Seekämpfe in sehr belebender Weise bei. O. Regele

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung