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Was kostet unser Kind?

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Itn Zusammenhang mit der Frage dės FätniliehlästenäusgleitheS, die durch den Initiativantrag der OeVP in ein akutes Stadium getreten ist, hat das Institut für Sozialpolitik und SbZialfefotm Erhebungen über den Kostenaufwand für das Kind in der Familie äflggstellt, dėrert vorläufiges Ergebnis hier veröffentlicht wird.

Alle Untersuchungen über die Kosten der Lebenshaltung im Familienverband stoßen auf die Schwierigkeit, daß die in einzelnen Familien gewonnenen Erhebungsergebnisse wegen der Verschiedenheit der Kopfzahl und des Altersaufbaues zunächst nicht vergleichbar sind. Bei solchen Untersuchungen wird daher der Weg gewählt, daß jeder Einzelperson je nach Alter, bisweilen auch nach dem Geschlecht, ein bestimmter Konsumwert bel- gemessen wird, so daß jede Familie in einer bestimmten Anzahl von Konsumeinheiten ausgedrückt werden kann. Dadurch werden die in verschiedenen Familien gewonnenen Ergebnisse über den Gesamtkonsum vergleichbar. So wird etwa beim Pellerschen Schema der Verbrauch des Mannes mit 100, der der Frau mit 86 und der der Kinder bis zu 21 Jahren mit 11 bis 98 Punkten angenommen.

Als Grundlagej mit der später Einzel- ergebhisse gemessen werden sollen, sei der Lebenshaltungskostehindex herangezogen, wie er vom Oesterreichischen Institut für Wirt- schaftsforSchung für den Monat Dezember des Jahres 1953 errechnet wurde. Der Index, der für eine vierköpfige Familie (Mahn; Frau, neitn- und zwölfjähriges Kind) einen wöchentlichen Gesämtverbrauch vön 416.92 S annimmt, gestattet es, unter Verwendung des erwähnten Pellerschen Schemas zu errechnen, welche Konsumbeträge auf Kinder in den verschiedenen Altersstufen entfallen würden. Zum Vergleich seien neben den aus dem Lebenshaltungskostenindex errechneten Beträgen jene Zahlen angeführt, die sich bei einer Berechnung nach dem gleichen Schema aüs einem Betrag von 800 S monatlich für eirten Erwachsenen ergeben; der letztgenannte Betrag stellt das bei der Ein- kömmensbesteuerung als steuerfrei anerkannte Existenzminimum für den alleinstehenden Erwachsenen dar. Ferner werden auch die für ein Kind im Durchschnitt entfallenden Beträge angegeben, wobei dessen Gesamtverbrauch in einem Verhältnis von 71 gegenüber dem Verbrauch eines erwachsenen Mahnes von 100 errechnet wurde. Es ergibt sich folgende Tabelle:

In der Berechnung auch die durchschnittlichen Kosten eines Kindes anzünehmen ist um so mehr gerechtfertigt, als auch bei der steuerlichen Berücksichtigung der Kinder oder bei den Ernährungsheihilfen vom Alter der Kinder in der Annahme eines Ausgleiches der Kosten in den niedrigeren und höheren Altersstufen abgesehen wird.

Bei Betrachtung der obigen Gegenüberstellung fallen die erheblichen Differenzen im geldmäßig ausgedrückten Konsum zwischen dem Lebenshaltungskostenindex und dem Existenzminimum auf, wenn auch zu beachten ist, daß das Minimum für eine alleinstehende erwachsene Person berechnet und die Lebensführung im Rahmen einer Familie wenigstens teilweise rentabler ist, kann doch der Schluß gezogen werden, daß der den Indexberechnungen zugrunde gelegte Verbrauch sehr tief gegriffen ist und somit für einen Vergleich mit praktisch gewonnenen Konsumzahlen eine Üntergrenze darstellt.

Diese rein rechnerisch ermittelten Zahlen sollen nun mit den Kostenbeträgen verglichen weiden, die bei einer Be fragung ih einzelnen Eämilien festgelegt wurden. Es wurden als monatliche Ausgaben für die Ernährung der Kinder allein aHgčgebeh: Für ein Kind im Alter von ächt Mörtaten 139 S, für ein solches im Alter Von zwei Jähren 146 S; für Zwei Kinder im Alter von eineinhalb und zweieinhalb Jahren bei angenommen gleichem Verbrauch je 174 S, für ein Kind im' Alter von fünfeinhalb Jahren 238 S. Wenn diese Zahlen, ürn Vergleichbarkeit zu erreichen, auf jene, die sich bei einem Kind durchschnittlich ergeben würden, umgerechnet werden und aus dem Resultat bei allen fünf Kindern der DüfcnSchiiitt gezogen wird, stellt sich der monatliche Bedarf für Ernährung allein mit 413 S dar.

Dem Ergebnis aus den Einzelerhebungen kommt nun sicher nicht statistischer Wert im strengen Sinne zu. Aus dem Lebenshaltungs- kostertihdex läßt sich der Errtährürtgsaüfwand für ein Kind im Durchschnitt • mit 2Ö6 S monatlich errechnen; die Differenz gegenüber dem soeben erwähnten Betrag von 413 S muß auffallen, um so mehr; als die angeführten Kostenbeträge aus Familien stammen, die mit Glücksgütern nicht gerade übermäßig gesegnet sind. Es kartn daher der Schluß gezogen werden, daß der tatsächliche Bedarf der Kinder wesentlich über den Zahlen aus dem Index liegt, wenn sich die Eltern ernstlich bemühen, ihren Kindern gebührende Sorgfalt zuzuwenden. Das bei den fünf Kindern gewonnene Ergebnis scheint aber durchaus nicht mehr so unwahrscheinlich, wenn zum Vergleich der aus dem Existenzminimum errechnete Gesamtbedarf für ein Kind im Durchschnitt (568 S) herangezogen wird. Bei Hinzurechnung der Ausgaben für den sonstigen notwendiger! Bedarf wird das Minimum zumindest erreicht, wenn nicht wesentlich überschritten werden.

Es könnte riun argumentiert werden, es wäre bei allen Berechnungen immer nur das Pellersthe Schema herangezogen worden, und dieses könnte ein besonders ungünstiges Ergebnis zeitigen. Angesichts der schon erwähnten Schwierigkeiten, die sich bei jeder Auswertung von Haushaltrechnungen ergeben, sind in der Vergangenheit schon vielfach Systeme entwickelt worden, in welchem Verhältnis der Verbrauch der Erwachsenen zu dem der Kinder in verschiedenen Altersstufen steht. Das Institut für Sozialpolitik und Sozialreform hat im Zuge seiner Erhebung neben dem Pellerschen Schema noch weitere sieben Systeme herangezogen, die in Amerika; Deutschland; Dänemark und England entwickelt wurden, und alle diese in gleicher Weise auf Lehenshaltungskostenindex und Existenzminimum angewendet. Der aus den gewonnenen Resultaten gezogene Durchschnitt ergab gegenüber dem Pellerschen Schema keine allzu bedeutenden Unterschiede. Dies findet vor allem darin. seinen Ausdruck, daß bei der oben erwähnten Durchschnittsberechnung sich für das Kind im Durchschnitt ein monatlicher Bedarf von 386 S nach dem Index und ein solcher von 514 S riach dem Minimum ergeben würde. Es führt also auch eine gemeinsame Anwendung verschiedener Berechnungssysteme zu keinen grundlegend andereh Resultaten.

Das derzeit zur Verfügung stehende Er- hebühgsmäterial über die Kosten; die Kinder verursachen; reicht noch lange nicht aus, um abschließende Urteile zu fällen. Insbesondere kann noch nichts darüber ausgesagt werden, wie sich die Kosten bei mehreren Kindern entwickeln, das heißt, ob die Erhaltung mehrerer Kinder in einer Familie gleich viel, mehr oder weniger kosten als die Erziehung einer gleich großen Zahl von Einzelkindern;, die vorliegende Darstellung konnte sich nur auf die Kosten des Einzelkindes beschränken. Trotz der Mängel in den Unterlagen laßt sich aber die Notwendigkeit eines Lastenausgleiches schon aus der Differenz zwischen der Gesamtverbrauchs- Zahl für ein Kind aus dem Lebenshaltuhgs- kostenindex von 403 S monatlich und der Ernährungsbeihilfe von 105 S monatlich erkennen. Wenn es auch die staätsfinanzielle Lage kaum erlauben wird, binnen kurzer ' Frist hier einen durchgreifenden Wandel zu schaffen, kann doch bei klarer Einsicht, und gutem Willen zumindest ein erster Schritt getan werden. Auf diesen hoffen alle jene, die die verantwortungsvolle Last für die Zukunft des Volkes tragen.

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