citizen science - © Jana Reininger

Citizen Science: Biodiversität am Friedhof

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Citizen Science-Projekte laden die breite Bevölkerung in die Wissenschaft ein. DIE FURCHE hat am Projekt „Biodiversität am Friedhof“ der Universität Wien teilgenommen. Ein Selbstexperiment.

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Citizen Science-Projekte laden die breite Bevölkerung in die Wissenschaft ein. DIE FURCHE hat am Projekt „Biodiversität am Friedhof“ der Universität Wien teilgenommen. Ein Selbstexperiment.

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Hinter den Scheiben des Busses ziehen trockene Felder vorbei, Pferde kauen Heu und aus den Schornsteinen der Fabrikgebäude steigen weiße Wolken empor. Es ruckelt im Bus und neben mir schläft ein Mann, sein Kopf ist in den Nacken gefallen. „Endstation Alberner Hafen“, spricht die Frauenstimme aus dem Lautsprecher und ich drücke den Knopf zum Aussteigen.

Der Friedhof der Namenlosen liegt in einem kleinen Graben, umzäunt von einer Hecke, auf einem Fleck Wiese, zwischen einem weitläufigen Fabrikgelände und einem Industriehafen. Inmitten dieser weiten Betonlandschaft ist der Friedhof ein kleines, übriggebliebenes Stück natürlicher Lebensraum. Für dieses Stück Natur bin ich heute hier. „Biodiversität am Friedhof“, heißt das Citizen Science-Projekt, das mich hergeführt hat.

Der Begriff Citizen Science umfasst wissenschaftliche Projekte, die unter Mithilfe von Laien stattfinden. An sie werden Messungen und Beobachtungen ausgelagert, in einigen Fällen formulieren die Laien Forschungsfragen, werten Daten aus oder verfassen gar Publikationen. Der Begriff wurde Mitte der 1990er Jahre von zwei Wissenschaftlern, unabhängig voneinander, geprägt. Einer davon ist der britische Soziologe Alan Irwin, der die Forschung gegenüber der breiten Bevölkerung öffnen und somit einen vermehrten Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ermöglichen wollte. Heute dient die Öffnung auch der Unterstützung von Forschungsteams, die zu wenig Mitarbeitende umfassen, wie Thomas Filek, der Leiter des Projektes, erzählt.

Ich stelle gerade meinen Rucksack auf dem Friedhof ab, da grüßt mich eine Frau mit Hund. „Ich komme seit vielen Jahren her“, erzählt sie mir. „Der Ort berührt mich. Aber früher war es hier nicht so laut. Heute werden die Toten hier in ihrer Ruhe gestört.“ Sie deutet auf die gelben Container der Fabrik. Der Lärm des Betriebs wird immer wieder von unverständlichen Lautsprecherdurchsagen übertönt.

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