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Sie gebären, erziehen - und werden von der Politik mit Kleinst-Pensionen und Armut gestraft. Gedanken zum Muttertag.

Manche sind von Vorfreude erfüllt, andere von Gleichgültigkeit, nicht wenige von kaltem Grauen: Kommenden Sonntag, 11. Mai, werden die fest gefügten Familienstrukturen wie jedes Jahr mit Hilfe standardisierter Rituale kurzzeitig außer Kraft gesetzt. Aufgeregte Kinder werden das Frühstück richten, Gedichte rezitieren und Bonbons kredenzen. Peinlich berührte Väter werden Dankesworte murmeln oder lieber Blumen sprechen lassen. Und dann, nach gemütlichen Stunden und einem Ausflug mit der Omama, wird das Hochfest der Pralinenproduzenten, Floristen und Wäschefabrikanten wieder für ein Jahr Geschichte sein.

Arm und bedürfnislos

Eine zynische Übertreibung? Vielleicht. Grund zur Frage, was es denn am Muttertag zu feiern gibt, hätten Österreichs Frauen jedenfalls genug. Sie wissen nur zu gut: Muttersein bedeutet nicht nur Berufung und Glück. Muttersein ist auch gekoppelt mit dem Verzicht auf die eigene Karriere oder dem tagtäglichen Spagat, die Bedürfnisse der Kinder und jene des Arbeitgebers unter einen Hut zu bringen. Von den eigenen nicht zu reden.

Nicht zuletzt führt Muttersein zu deutlichen finanziellen Einbußen und höherem Armutsrisiko. Laut Rechnungshof lagen die Durchschnittseinkommen der unselbständig erwerbstätigen Frauen im Jahr 2001 mit 17.189 Euro um 40 Prozent unter jenen der Männer (28.522 Euro) - eine Einkommensschere, deren Ursachen vor allem in unbezahlten Kinderbetreuungsleistungen, wenig einträglichen Teilzeitjobs und fehlenden Gehaltssprüngen zu finden sind.

Am Ende des Erwerbslebens öffnet sich diese Schere freilich noch weiter: Durchschnittlich bekamen Frauen im Jahr 2001 mit 647 Euro Pension um ganze 62 Prozent weniger als männliche Senioren. Die Folge: Fast ein Drittel aller Frauen verbringt laut Armutskonferenz den wohlverdienten Ruhestand unter der Armutsgrenze.

Gute Gründe also, jenes explosive Paket näher unter die Lupe zu nehmen, das Vater Staat seinen Müttern am 4. Juni im Parlament bescheren will: die Pensionsreform. Zwar war man bemüht, im Begutachtungsentwurf die gröbsten Schikanen gegen Frauen im Allgemeinen und Mütter im Besonderen zu entfernen. Dennoch birgt die Regierungsvorlage noch zahlreiche Defizite:

* Für Kindererziehungsleistungen werden pro Kind maximal drei Jahre für den Durchrechnungszeitraum berücksichtigt. Hat aber eine Frau - wie etwa die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung, Margit Hauft - das "Pech", vier Kinder binnen fünf Jahren zur Welt zu bringen, führt die Regelung schnurstracks an der Lebensrealität vorbei: "Solche Frauen werden behandelt, wie wenn sie nur zwei Kinder hätten", empört sich Hauft im Furche-Gespräch.

* Dass die Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten von derzeit 643,54 Euro um 50 Prozent auf 965,31 Euro erhöht wird, ist positiv. Dass dies allerdings binnen eines Vierteljahrhunderts mit Erhöhungen von zwei Prozent jährlich geschieht, vermittelt Müttern zu Recht das Gefühl, stiefmütterlich behandelte Almosenempfängerinnen zu sein.

* Grundsätzlich erfreulich ist die Absicht, Müttern statt bisher 18 künftig 24 Monate Kindererziehungszeit pensionsbegründend anzurechnen. Da dies aber nur für jene Kinder gelten soll, die seit Einführung des Kinderbetreuungsgeldes geboren wurden, schauen ältere Mütter durch die Finger.

* Besonders trist sind die Aussichten für jene Frauen, die sich dazu entschieden haben, durch Teilzeitarbeit eine größtmögliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie herzustellen. Eine Option, die zur Zeit immerhin ein Drittel aller Frauen gewählt hat. Von einer Aufwertung dieser familienfreundlichen Arbeitsform kann freilich keine Rede sein: Der niedrige Verdienst prägt folglich eine niedrige Pension. Dies ist umso umverständlicher, als sich im schwarz-blauen Regierungsprogramm das Vorhaben findet, Eltern bis zum Ende des siebenten Lebensjahres des Kindes ein Recht auf Teilzeit einzuräumen. Sie gleichzeitig mit Mini-Pensionen dafür zu strafen, entbehrt nicht der Perfidie.

Nur zwei Prozent Väter?

Mit Schikanen wie diesen wird nicht nur das Armutsrisiko von Müttern erhöht, sondern auch den Vätern die Lust an der Kinderbetreuung nachhaltig vergällt. Schon jetzt ist sie zu 98 Prozent Frauensache - Tendenz gleichbleibend. Dass das Kinderbetreuungsgeld samt seiner beschämend niedrigen Zuverdienstgrenze von 14.600 Euro pro Jahr nicht angetan sein würde, diese unfaire Aufteilung aufzuweichen, war abzusehen. Höchste Zeit also, die Zuverdienstgrenze zu streichen. Höchste Zeit auch, Teilzeitarbeit - für Väter und Mütter - höher zu bewerten, um so einen Anreiz zu geben für eine partnerschaftliche Aufteilung der Familienarbeit.

So lange aber Muttersein in Österreich nicht ebenso wenige Auswirkungen auf die Alterssicherung hat wie Vatersein; so lange Frauen mit lächerlichen Pensionen dafür bestraft werden, die Pensionszahler von morgen in die Welt gesetzt zu haben, werden sie sich weiter zu Recht fragen, was es am Muttertag zu feiern gibt.

doris.helmberger@furche.at

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