6662765-1960_16_26.jpg
Digital In Arbeit

In geschlossener Linie

Werbung
Werbung
Werbung

Es gibt immer wieder Katholiken, die die Ansicht vertreten, daß der besondere Hinweis der Päpste auf die Bedeutung des Laienapostolats mehr ein Steckenpferd ihres Pdntifikats sei als ein dringendes und notwendiges Anliegen der Kirche darstelle. Gerade sie waren es, die deshalb mit besonderer Spannung darauf gewartet haben, was wohl der neue Papst, unser gegenwärtig regierender Hl. Vater Johannes XXIII., zu den Fragen des Laienapostolats im allgemeinen und der Katholischen Aktion im besonderen sagen werde.

Doch siehe, zum Staunen jener Kreise, die vermuteten, daß nun die Katholische Aktion und mit ihr das Laienapostolat der Vergessenheit anheimgestellt würden, sprach der Heilige Vater schon bald nach dem Antritt seines Pon-tifikats klare und eindeutige Worte über die Katholische Aktion. Er nennt sie eine Quelle der Kraft im Dienste der kirchlichen Hierarchie, deren Vorrecht es sei, eine der modernsten Formen des Apostolats zu sein. Noch mehr, er betont, daß die Katholische Aktion von Gott angeregt wurde, um den priesterlichen Einfluß außerhalb der Kirche durch Laien, die mit Sorgfalt ausgewählt werden mögen, auszuweiten.

Johannes XXIII. wird nicht müde, auch weiterhin bei jeder passenden Gelegenheit ein aufmunterndes Wort über die Katholische Aktion zu sprechen. Das Bedeutsamste ist wohl in seiner ersten Enzyklika zu lesen. Es heißt dort: „Wir hegen die sichere Hoffnung, daß alle, die in der Katholischen Aktion oder in den vielfältigen und blühenden frommen Vereinigungen kämpfen, in einem solch notwendigen Werke mit aller Sorgfalt fortfahren. Je größer die Bedürfnisse unserer Zeit sind, desto größer müssen auch ihre Anstrengungen, ihre Besorgtheit, ihre Arbeitsamkeit sein. Alle sollen durchaus einig sein; denn wie sie genau wissen, macht die geeinte Kraft stärker... In geschlossener Linie, immer einig mit der katholischen Hierarchie und immer gehorsam, sollen sie neuen Eroberungen entgegengehen. Sie sollen keine Mühe scheuen, keiner Beschwerde ausweichen, damit die Sache der Kirche triumphiere.“

Somit kann sich die Stellung des Laien in der Kirche nicht darin erschöpfen, aus dem Mund der Kirche die Wahrheiten der Offenbarung und aus ihrer Hand die Erlösungsgnaden entgegenzunehmen. Seit der Taufe und seit der Firmung hat der Christ auch Anteil an der Sendung der Kirche zur Rettung der Welt, hat er einen Auftrag und eine Verpflichtung zum Apostolat. Außer dem allgemeinen Laienapostolat, das der einzelne in seinem Wirkungskreis auszuüben hat, gibt es aber auch noch ein besonderes, das eine eigene Organisation voraussetzt. Dem dazu bereiten Laien haben die Bischöfe die Katholische Aktion als Instrument geschaffen. Auf diese Weise werden die Kräfte der Laien zielstrebig für das Christentum, im besonderen für eine Wiederverchristlichung der Welt, nutzbar gemacht.

In diesem Sinne hat auch die Katholische Aktion unserer Erzdiözese immer wieder zum organisierten Apostolat aufgerufen.

Begünstigt durch das Jahresthema der Katholischen Aktion: „Weltkirche — Weltmission“, hat das Interesse an der Ausweitung des Gottesreiches auf Erden besonders stark zugenommen. Mehr als in früheren Jahren fühlen sich die Katholiken nun für das Wachstum der Kirche verantwortlich. Dieses Verantwortungsbewußtsein trat besonders deutlich durch Einleitung von Sonderaktionen für Missionsgebiete zutage. Die Aktion der Frauen für Korea und die der Männer für Flores weisen beachtliche Erfolge auf. Viele Pfarren übernahmen außerdem Patenschaften für Missionspfarren. Auch die Mitgliedschaft bei den Päpstlichen Missionswerken stieg stark an. Stipendienaktionen für afro-asiatische Studenten, die in Österreich studieren, haben vollen Erfolg.

Die besondere Sorge der Katholischen Aktion gilt der Heiligung des Sonntags in einer technisierten Welt. Man hat auf vielfache Weise versucht, Verständnis für dieses Anliegen zu wecken. Wenn auch diesbezüglich begreiflicherweise mit zahlenmäßigen Ergebnissen wenig aufgewartet werden kann, ist doch festzustellen, daß die Parole „Am Sonntag hat Gott Vorrang!“ ihren Eindruck auf breite Massen unseres Volkes nicht verfehlt. Die Männerbewegung der Katholischen Aktion hat sich besonders durch Aufstellung von Gottesdienstanzeigern an den Ausfallstraßen der Stadt und auf den stark frequentierten Landstraßen Verdienste erworben.

Im letzten Jahr wurde einer sinnvollen Verwendung der Freizeit das besondere Augenmerk zugewandt. In ernsten Beratungen wurden durchaus positive Ergebnisse gezeitigt, die nicht nur für die Arbeit innerhalb der Katholischen Aktion von Wichtigkeit sind, sondern darüber hinaus dem gesamten Volke sehr dienlich sein können. Weil in diesem Zusammenhang auch die Notwendigkeit von Pfarrheimen aufgezeigt wurde, hat man den Aufbau und Ausbau derselben stärker ins Auge gefaßt.

Die intensive Arbeit der Katholischen Jugend als Erziehungs-, Lebens- und Aktionsgemeinschaft erweist unserem Volk große Dienste. Es ist nur bedauerlich, daß diese Arbeit noch immer nicht die Anerkennung aller jener Stellen gefunden hat, die geradezu ein Interesse an einer Konsolidierung der Jugend und ihrer positiven Einstellung zu Staat und Gesellschaft haben müßten. Erst kürzlich hat die Katholische Jugend durch Einführung des Jugend-Wohnsparens eine bemerkenswerte Tat der Selbsthilfe gesetzt. Sie hat damit der Jugend einen Weg gewiesen, von dem man nur wünschen kann, daß er von möglichst vielen begangen wird und die Unterstützung aller zuständigen Stellen erfährt.

Das Bildungswerk der Katholischen Aktion hat sich sowohl durch regelmäßig stattfindende Großveranstaltungen wie auch durch pfarrliche Abende in Stadt und Land einen sehr guten Namen gemacht. Wir denken allen Ernstes daran, diese Institution auszubauen.

Aus der Erkenntnis, daß die Wirkkraft der Apostolatsarbeit wesentlich davon abhängt, wie weit der einzelne religiös fundiert und apostolisch geformt ist, hat die Katholische Aktion in allen ihren Gliederungen die Exerzitien besonders gefördert. Wenn man auch noch nicht — was durchaus wünschenswert wäre — von einer Exerzitienbewegung sprechen kann, so zeigt doch die Frequenz der Kurse, daß das Interesse an den Exerzitien wächst und daß gerade die Führerschaft der Katholischen Aktion sich dieses bedeutsamen Instrumentes der Persönlichkeitsbildung bedient.

Der Persönlichkeitsbildung nicht nur der Führerschaft, sondern jedes einzelnen Mitgliedes, dient das im Vorjahr festgelegte sogenannte religiös aszetische Programm, mit dessen Durcharbeitung in allen Gruppen begonnen wurde.

Erfreulich ist es zu sehen, daß sich die Führung der Katholischen Jugend bemüht, ihren Mitgliedern das Bewußtsein der Zugehörigkeit zur Katholischen Aktion nahezubringen. Wir versprechen uns davon einen kontinuierlichen Übergang von den Gliederungen der Jugend zu denen der Erwachsenenbewegung.

Unter Wahrung des Grundkonzeptes der Katholischen Aktion als Apöstolatsgemeinschaft werden wir dem Anwachsen der Mitgliederzahlen ein erhöhtes Augenmerk zuwenden müssen. Nicht, weil wir der Magie der Zahl verfallen sind, sondern weil wir wissen, daß in einer demokratischen Gesellschaft der Zahl der Mitglieder eine gewichtige Funktion zukommt. Die Katholische Aktion kann sich nicht selbst zur zahlenmäßigen Bedeutungslosigkeit verurteilen.

An dieser Stelle sei auch vermerkt, daß wir nach, wie vor der konzentrierten Arbeit in der Pfarre unser Augenmerk schenken wollen. In Hinkunft soll aber das Dekanat als übergeordnete Organisationseinheit stärker gesehen werden. Das wird einerseits die Zentralstellen entlasten können, anderseits eine unmittelbare Zusammenarbeit der zum Dekanat gehörenden Pfarren ermöglichen.

Es ist bekannt, daß die Katholische Aktion nach dem Willen der Päpste eine organisch gegliederte Einheit ist. Ihre Tätigkeit ist umfassender als die anderer kirchlicher Vereine. Sie steht deshalb, sowie auch im Interesse eines schlagkräftigen Einsatzes, nicht bloß unter der Aufsicht, sondern unter der direkten Leitung der Hierarchie. Aus dieser Tatsache ergibt sich auf der einen Seite ein klarer Vorrang hinsichtlich des Apostolats und der hie-für notwendigen Organisation, auf der anderen Seite aber auch eine erhöhte Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit allen Vereinigungen außerhalb der Katholischen Aktion, die ähnliche Ziele anstreben. Die Katholische Aktion unserer Erzdiözese ist zur Zusammenarbeit durchaus bereit, weil sie Priorität nicht mit Monopol verwechselt. Auf vielen Gebieten des Apostolats wird uns nur durch eine gemeinsame Planung und Arbeft ein Erfolg beschieden sein. Man denke zum Beispiel an die Anliegen, die mit dem Berufsapostolat und dem Apostolat im öffentlichen Leben zusammenhängen.

In diesem Zusammenhang müßte auch übeT-legt werden, ob wir nicht den im Laienapostolat tätigen Katholiken zeitmäßig gebundene, konkrete Aufgaben zutrauen sollten.

Wenn, nach den Worten Guardinis, die Kirche in den Seelen erwacht, wenn der schlafende Riese, als den man die Laien in der Kirche bezeichnet, geweckt wird, das heißt, wenn die gewaltige Potenz des katholischen Volkes „in geschlossener Linie“ auf die Wiederverchristlichung unserer Diözese hinarbeitet, dann werden wir die noch offenen Aufgaben und Anliegen leichter bewältigen können. Dann wird mit Gottes Hilfe die Brudergemeinde erstehen können, die der so großartig verlaufene Katholikentag 1958 mit dem Thema „Ihr alle seid Brüder“ begründen wollte.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung