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Entdecktes und Bekanntes

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Mit einer bedeutenden Neuentdeckung im Rahmen der österreichischen Kunst des 19. Jahrhunderts hat die Galerie Sanct Lucas am Josephsplatz aufzuwarten. In der Gestalt der Pauline von Koudelka-Schmerling wurde eine Malerin der Biedermeierzeit, die zu den bedeutendsten Blumenmalern ihrer Epoche in Österreich gezählt werden muß, einem mehr als hundertjährigen Vergessen entrissen. Die 1806 geborene Tochter des späteren Feldmarschall-Leutnants und Freiherrn Joseph von Koudelka und Gattin des bekannten Justizministers Anton Ritter von Schmerling wurde von dem Stfileben- und Blumenmaler Franz Xaver Petter in der holländischen Tradition ausgebildet, geriet aber dann unter den für Österreich revolutionären Einfluß Ferdinand Georg Waldmüllers, der das Kopieren ablehnte und nur das Naturbild gelten ließ. Von beiden Lehrern verstand Pauline von Kou- delka-Schmerling das Beste für sich zu nehmen und doch in einer erstaunlichen und frühreifen Selbständigkeit — sie starb bereits mit 34 Jahren — zu verarbeiten und zu Eigenem zu machen. Die ausgestellten Bilder, Skizzen und Aquarelle illustrieren die Entwicklung einer wirklich bedeutenden Begabung von ihrem 23. Lebensjahre bis zu ihrem Tod. Bewundernswert ist die solide zeichnerische Durchbildung, die sich mit einem sich steigernden Formgefühl, großem farblichem

Geschmack und sicherer Komposition paart. Angesichts der reifen Bilder und lockeren Skizzen kann man sich die Frage nicht ersparen, welchen Weg Pauline von Koudelka- Schmerling noch genommen hätte, wäre ihr ein längeres Leben geschenkt gewesen. Dieser sehenswerten und überraschenden Neuentdeckung ist ein wichtiger Platz in der Wiener Kunst des Biedermeier sicher.

Im Kabinett der Galerie Sanct Lucas ist im Rahmen der alljährlichen Weihnachtsausstellung wieder eine Reihe äußerst qualitätsvoller Bilder alter Meister zu sehen. Hervorzuheben sind in erster Linie ein besonders stimmungsvoller und schöner Jacob Ruisdael, dann ein kleiner Sebastiano Ricci, ein Jusepe der Pibera, ein Magnasco und ein Bernhard Stringei. Alles in allem eine wichtige Präsentation dieser hervorragenden Galerie, die man nicht versäumen sollte.

In den oberen Räumen der Secession zeigt die Deutsche Lufthansa in ihrer dankenswerten Eigenschaft als Mäzen eine Sammlung „Deutsche Graphik nach 1945“, die Arbeiten der bedeutendsten deutschen Künstler von Max Ernst bis Horst Antjes vereint. Manches, ja vieles, dieser zum Teil vor einigen Jahren entstandenen Arbeiten wirkt seltsam leblos und passe, so etwa die Blätter von Georg Meistermann, dessen Einschätzung hier mehr denn je als un begreiflich erscheint. Willi Baumeister wirkt durch seinen nach allen Richtungen hin orientierten raffinierten Eklektizismus, Max Ernst durch recht eindringliche Poesie. Am stärksten überzeugt formal noch HAP Gfieshaber, dessen Holzschnitte zwar zeigen, daß er die raumgreifenden Deformationen und Zeichensetzungen Picassos nicht verstanden hat und sie nur äußerlich anwendet, der aber doch zu lapidaren plakativen Wirkungen kommt. Eine durch den vermittelten Überblick nicht unwichtige und sehenswerte Ausstellung.

Recht interessante Blätter zeitgenössischer spanischer Graphik sind derzeit in der Zentralbuchhandlung in der Schulerstraße zu sehen, interessant weniger durch besondere formale Offenbarungen — sie bewegen sich auf den gängigen Geleisen zwischen Masereel, Grosz, Expressionismus und Pop — als durch einen Einblick in die Mentalität junger spanischer Künstler, die im Schatten einer Diktatur leben.

Deutlich sind die meisten Graphiken vom — allerdings oft versteckten — Protest geprägt, manchmal aggressiv, zeit- und gesellschaftskritisch, von wachem sozialem Bewußtsein. Die lebhafte Anteilnahme an den menschlichen Problemen der Gegenwart ist bewegend echt, daß sie allerdings das Gesicht der Ausstellung prägt, mag in der Tendenz der Veranstalter gelegen haben.

Einen sehr hübschen Einfall hat die rührige Galerie „Autodidakt“ in die Tat umgesetzt. Unter dem Titel „Stille, brave Welt“ hat sie Weihnachtsbilder zeitgenössischer naiver Maler zusammengetragen, die in bezaubernder Einfalt kindliche Weihnachtsstimmung verbreiten. Fern von komplexen Problemen spiegeln die Bilder in köstlicher Unschuld den Zauber der Kindheit, entschwundener Zeit. Wilhelm Breiten- feld, Regine Dapra, Siegfried Kra- tochwil, Franz Spielbichler und Otto Tham, um nur einige zu nennen, steuern beachtliche Arbeiten bei.

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