6636803-1957_20_11.jpg
Digital In Arbeit

Frühling in der Secession

Werbung
Werbung
Werbung

Frühling in der Secession: das war einmal ein ver sacrum, ein Aufbruch in Neuland — wie vor einem halben Jahrhundert, wie vor einem Jahrzehnt. Die Zeiten sind vorbei. Die Moderne hat sich durchgesetzt und wird allgemein anerkannt, es ist kein Wagnis mehr, modern gu sein. Auch die kleineren Talente, die früher Fußballstars porträtierten (oder kopierten), haben umgesattelt und schwelgen in der Formensprache der Abstraktion.

Dies ist nun die zweite allgemeine Frühjahrsausstellung in der Wiener Secession. Die erste stellte sieben Maler und Graphiker heraus, diese zeigt Werke von insgesamt 51 Künstlern. Sie ist ausgezeichnet gehängt und bietet ein sehr ansprechendes Gesamtbild: wirklich Neues allerdings findet man nicht, weder an Arbeiten noch an Namen. Das ist aber auch nicht das wichtigste: gute Kunst ist immer irgendwie neu und lebendig. Und an Qualität hat diese Ausstellung einiges zu bieten.

Von den .Vertretern der älteren Generation müssen vor allem Prof. Josef Dobrowsky und der naive Rudolf Richly genannt werden: dann Oskar M a t u 11 a s Farblithos and anderes. Dobrowskys „Vorstadthäuser” und Richlys „Stillleben mit Handschuhen” laden beide zu längerem Verweilen und intensiver Betrachtung ein. Vop den Jüitgererf inüssen zuerst erwähnt Werith: dessen Federzeichnungen deutlich die Herkunft von der Plastik verraten: Maria L a ß n i g, die mit zwei Figurenbildern vertreten ist, die aber noch nicht ihre letzte Entwicklung zeigen; Gerhard S w o b o d a, der verspielt-reizvolle Federzeichnungen bietet: „Sprünge im Stein” und „Steineinschließung” (aquarelliert). Allerdings sahen wir von Swo- boda schon stärkere Arbeiten. In einem eigenen, ganz der Qualität vorbehaltenen Raum sind Werke von Josef Mi kl und Arnulf Rainer zu sehen: Aktzeichnungen aus 1948/49 von Mikl und geballte Konkretionen von Rainer. Die Plastik ist mit Josef P i 11 h o f e r, Oskar B o 11 o 1 i, Elisabeth T u r o 11 („Leopard”, Bronze) und Hasleckef („Zwei Figuren”, Konglomerat) sehr gut vertreten.

Zwei Kollektivausstellungen sind der allgemeinen Frühjahrsschau angeschlossen. Sie sind Professor Josef Humplik und Frau Hildegard Humplik-Jone gewidmet. Die Namen sind uns aus dem Kreis um Ludwig von Ficker und Ferdinand Ebner vertraut und kostbar. In der Betrachtung von Josef Humpliks Porträtplastiken wird uns die Erinnerung an die Zeit des „Brenner” und der „Fackel” lebendig (die Generation, der der Kunstreferent der „Furche” angehört, lernte sie aus diesen Zeitschriften kennen und verstehen). Da sind die Köpfe von Georg Trakl, Gustav Klimt, Georg Merki, Ludwig von Ficker, Karl Kraus. Anton von Webern, von Hildegard Jone. Am ausdrucksstarksten sehen uns Georg Trakl und Anton von Webern an. Von Hildegard Humplik-Jone werden Oelbilder gezeigt: zwei forträts (Josef Humplik, Arnold Schönberg) und sechs Landschaften. Hildegard Jone trägt etwas Idealisierendes in die Natur: jede Landschaft wird ihr, wie einst Caspar ‘David Friedrich, zur Seelenlandschaft. „Der Himmel reicht zur Tiefe” und „Berg und Flut” gehören einer stark durchgeistigten Welt an, „Mostar” und „Heimatwinter” zeugen von ausgeprägter Empfindungsgabe.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung