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Visionen, Architektur-Happenings

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Architektur ist ein wichtiges Element in den Spielfilmen - sei es in „Schlafes Bruder", wo ein ganzes Dorf - noch dazu aus dem 19. Jahrhundert - aus dem Boden gestampft werden mußte, sei es im längst klassischen utopischen Film „Things To Come" von William Cameron Menzies, der eine erstaunliche Vision schuf. Einen ähnlichen Effekt erreichte Terry Gilliam im Film „Brazil" (1984), den er in den bestehenden futuristischen Pariser Satellitenstädten (Marne La Vallee und so weiter) drehte.

Damit ist schon das Thema des kürzlich in Graz abgehaltenen Festivals „film + arc '95" umrissen, nämlich die Rolle der Architektur - und somit auch der Architekten - in der Vergangenheit und heute filmisch festzuhalten.

So bemühte sich der deutsche Architekt Hans B. Scharoun schon in den dreißiger Jahren darum, die Konzeption der Appartementhäuser etwas aufzulockern. In dem Film „Imaginäre Architektur" von Hartmut ßitomsky sind Beispiele seiner ausgeklügelten Entwürfe zu sehen, unter anderem die Zwillingshochhäuser „Romeo" und „Julia", die Scharoun in Stuttgart errichtete.

In „II girasole - Ein Haus in der Umgebung von Verona" präsentieren die Schweizer Regisseure Christoph Schaub und Marcel Meili ein mehrstöckiges Haus, das sich um die eigene Achse dreht, damit dessen Hauptfassade immer von der Sonne bestrahlt wird.

Daß Architekten auch urbanisti-sche Ambitionen haben, ist am Beispiel jener italienischen Architekten zu sehen, die mit Unterstützung von Mussolini neue Städte auf dem Reißbrett entstehen ließen. Elda Gui-dinetti und Andres Pfaefli drehten darüber den Film „Architettura ri-mossa - Verdrängte Architektur" vor allem in Tresigallo bei Ferrara, in Sa-bauda und im römischen EUR-Vier-tel, das für eine Weltausstellung geplant wurde, die nie stattfand.

Den Großen Preis des Festivals „film + arc '95" erhielt der Streifen „Stadt der Steppen" (Belgien/Mongolei) von Peter Brosens und Odo Haflants. Der Film reflektiert an Hand von architektonischen Beispielen nicht nur die Vergänglichkeit des nun nicht mehr existierenden sowjetischen Einflusses, sondern auch die Ungewißheit einer Zukunft in „Freiheit".

Ein geheimnisvolles Kapitel der sowjetischen Entwicklung in den zwanziger Jahren behandelt der holländische Film „Sotsgorod - Städte für Utopia" von Anna Abrahams. Damals wurden zahlreiche Architekten aus dem kapitalistischen Westen ins Uralgebiet und nach Sibirien geholt, um neue Städte für die Arbeiter der aufkeimenden Schwerindustrie zu errichten. Nur weiß niemand, wo diese Städte liegen, noch was aus den Architekten geworden ist.

Eine Retrospektive war dem gesamten filmischen Werk des Amerikaners Gordon Matta-Clark (1943-1978) gewidmet. Er war Architekt, Bildhauer und Filmemacher. Was er auf die Leinwand brachte, waren meistens Aufzeichnungen von architektonischen Happenings, wie „Bin-go", in dem ein verlassenes Holzhaus nach einem obskuren Schema zersägt wird.

Einige Filme illustrierten das Thema „Tanz und Architektur". Besonders gelungen war in dieser Hinsicht „Rosa", ein Werk von Peter Greena-way mit der Choreographin Anne Teresa De Keersmaeker, gedreht im monumentalen Foyer der Genter Oper. Es geht dabei um die Relation zwischen Mensch und Raum.

In das Programm von „film + arc" wurden auch einige Spielfilme aufgenommen, in denen ein einzelnes Haus oder eine ganze Stadt besondere Funktionen haben.

Beispielsweise „Toute unne nuit" von Chantal Akerman (1982), ein Film, der ein intimes Bild vom nächtlichen Brüssel wiedergibt, „Mamma Roma" von Pier Paolo Pasolini (1962) oder „Deux ou trois choses que je sais d'elle" von Jean-Luc Godard (1966).

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