In seinem neuen Buch zeigt Friedrich Hahn, wie man Sprache lautmalerisch zu Wort kommen lassen kann.
Friedrich Hahns Textwelten lassen die Sprache zu Wort kommen - "die sprache ist es, die etwas will", so heißt es programmatisch in diesen Texten. Schrift will sich immer neu schreiben, Möglichkeiten ein-und falsche Eigentlichkeiten ausräumen. Das prägt auch den bewegten Raum dieser Schriften.
Die Spannung des Unterfangens spiegelt der Titel des Bandes: "neue zyklen", das deutet auf das Alte, das variiert wird, und das Neue, das aufs Alte doch rekurriert, wenngleich nicht dieses, vielmehr Stringenz, Rhythmus und schließlich auch Witz die Texte tragen.
"ich finde, man sollte ziele haben" - das beispielsweise, am "2.2.2022 [...] zu sterben", so wird mit Ironie das Leben unter den Klischees von Sinn freigelegt, vielleicht der Sinn sogar selbst als eine Drohung ans Leben, als ein "Fehlen des Spiels", womit Derrida den Tod höchstselbst bezeichnete. Ist der Sinn Tod in Reinform, so hier der Unsinn Leben in Reimform.
Wo das Spiel nicht ist, da ist schon das Gewürm, die Fäulnis, das Enden; unter den Worten etwa, "ich hebe das wort / zärtlichkeit hoch / darunter gewürm"... Drastischer ist die Dringlichkeit des Hinsagens und-hörens kaum zu formulieren. Gegen die ungeduldige Furie des Verschwindens, den "wirklichkeitsfraß" also, die "geduldige(n) schriftzüge", wie es in Hahns Poem "lichtverschmutzung" heißt.
Ein Schwachpunkt dieser Gedichte ist indes vielleicht, dass sich der Autor in seinen Konstellationen wenig auf jene Daten einlässt, derer das Gedicht als solches eingedenk ist; Hahn neigt zum Abstrakten, woraus eine Unzahl aus Lautmalereien und Neologismen resultieren. Das macht, dass diese Gedichte zu friktionsfrei sind, das "hinausdenken [...] aus der / logik des so-ist-es-gewesen" (unbeirrbar) nicht immer überzeugend gelingt.
Das, woraus sich die Sprache denken soll, könnte deutlicher sein, zumal in Zeiten, da das Anschreiben gegen Nicht-und Unsprache wieder von einer besonderen Dringlichkeit sein mag.
Das ist schade, denn Hahn hätte die poetischen Mittel, das Aussetzen jener Nichtsprache zu zeigen , wie das Poem "reimloses", das wunderbar mit Enjambement und Zeilenbruch arbeitet, und noch viele andere deutlich beweisen.
Eine weitere Schwäche neben dieser auffallendsten ist, dass sich Hahn in seiner Prosa dann doch zu viel zu unironischen Sentenzen hinreißen lässt: "man ist immer zweiter, wenn man begehrt, auch so eine lehre" - das haben, und zwar ohne die problematische Abgeklärtheit, die sich hier zudem einschleicht, schon viele gesagt, beispielsweise Adorno oder auch Benedikt XVI.: "So bist du, Mensch, dass [...] der einfach Liebende zum Narren, zum Geschlagenen und zum Verstoßenen wird."
Ist da bei Hahn das Pathos der Formel, das von der Schnoddrigkeit erstaunlich wenig suspendiert wird, oder die Schnoddrigkeit selbst, der mit der Sentimentalität auch die Sensibilität verschütt geht, das Problem? In den Sentenzen besteht jedenfalls eine Gleichgewichtsstörung, die nur manchmal charmant (wenn Sportler der "aschenbahn" und das lyrische Ich dem "aschenbecher" zugewiesen werden) oder sogar tragend - wenn die Liebe schließlich dies ist: "wir waren verheiratet. jeder für sich." - wirkt.
In diesen Momenten besteht und wirkt das Understatement, um der Wahrheit willen auch eine "scheinwelt / ins samtene ohr" (geschenk) zu legen. Nur geht diese Dialektik nicht immer auf, das aber verstört mangels Genauigkeit nicht so.
WIE GESAGT. NEUE ZYKLEN
Von Friedrich Hahn
Passagen Verlag, Wien 2005
118 Seiten, kart., e 15,40
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