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Die Welt der Kinderbucher

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MATTHIAS. Ein Lausbub erzieht seine Eltern. Von Marianne und Horst H a c h-m a n n. Nest-Verlag, Frankfurt am Main, 1962. 94 Seiten, Leinen. Preis 6.80 DM.

Ein junges Ehepaar bringt hier gescheit und amüsant die wahrlich originellen Einfälle und „Welterfahrungen“ seines zweijährigen Söhnchens Matthias zu Papier. Der kleine Lausbub erzieht bei seiner eigenen Erziehung ganz nebenbei auch eine reizenden Eltern, die, um des guten Beispiels willen, mancherlei Unarten und Nachlässigkeiten aufgeben und sich, inspiriert von den Extratouren ihres Sprößlings, zu sehr erfinderischen Lehrmeistern entwickeln. Manchmal freilich wird man ihre Methoden kritisch betrachten, so etwa die Abneigung gegenüber dem „Märchenschatz deutscher Grausamkeit“, den sie von ihrem Btiben konsequent fernzuhalten versuchen. Hier scheinen uns die dagegen rebellierenden Omas des kleinen Matthias weiser, denn Kinder können diese Märchengrausamkeiten auf ihre Weise recht gut verkraften, und man sollte nicht vergessen, daß man ihnen mit ihrem Entzug auch die vielen poetischen Anreguntgen unserer Märchen nimmt, die ein wesentlicher Teil der kindlichen Welt sind.

Nun, solche Meinungsverschiedenheiten schließen nicht aus, dieses Buch reizend zu finden und es jungen Eltern zum Bedenken und zur Nachahmung zu empfehlen.

KOMM MIT, TEMBO. Von Ingrid und Doris Bernatzik. Forum-Verlag, Wien. 48 Seiten. Preis 48 S. — MORO AUF DEM CAMPINGPLATZ. Von Kurt E i g e 1, illustriert von Wilfried Zeller-Zel-lenberg. Forum-Verlag, Wien. 32 Seiten. Preis 36 S. - DINÖ UND DER ENGEL. Von Alma Holgersen. Verlag Herold, Wien. 77 Seiten. Preis 39 S.

In eine ganz fremde Welt mit dunkelhäutigen Menschen, seltsamen Pflanzen, einem unheimlichen Medizinmann und wilden und absonderlichen Tieren führt das Buch „Komm mit. Tembo“ die kleinen Leser und Zuhörer. Tembo, so heißt ein junger Elefant, den man ebenso lieb gewinnt wie seine Gefährtin, eine winzige zarte Zwergantilope. Ein Kinderbuch, das etwas vom Geiste Kiplings atmet.

Kurt Eigl hat sich eine nette zeitgemäße Geschichte um den kleinen schwarzen Esel Moro ausgedacht und berichtet, wie die Bewohner eines weltvergessenen Flek-kens irgendwo an der Adria auf Anraten eines bekehrten schnauzbärtigen Räubers (der zu der gleichen Sorte gehört wie

Waggerls Räuber Horrificus) einen Campingplatz für die Fremden anlegen. Moro ist natürlich mit von der Partie, und munter klappern seine Hufe über den sonnenbeschienenen Fels...

Höheren Altersstufen, die nicht nur lesen, sondern auch über das Gelesene ein wenig nachdenken können, widmet die Dichterin Alma Holgersen ihre liebenswürdige Erzählung „Dino und der Engel“. Sie handelt von einem armen Italienerbuben, seinem beharrlichen braven Esel, dem Dorf am Strand, und sie handelt von einem tapferen Kinderherzen und dem Gottvertrauen, das aus der begnadeten großen Einfachheit erblüht.

Das Buch für den ABC-Schützen, wie wir es heute sehen, ist durchaus zu bejahen. Denken wir an alte, sozusagen klassisch gewordene Kinderbücher, so können wir mit Befriedigung feststellen, daß das Grausame, das sich einst in dieses an sich so wichtige Schrifttum eingeschlichen hat, der Vergangenheit angehört. Die uns vorliegenden Bände wandeln mit maßvoller Spannung und mit Heiterkeit Gedanken ab, die aus der Welt des Kindes kommen, haben den rechten Stil und Bilder, die das Wort reizvoll ergänzen. Die Schrift ist groß und dem Können der ABC-Schützen angepaßt. Aber auch auf tolpatschige Händchen wird Rücksicht genommen. Die schönen Einbände in Glanzfolie halten dem Zerstörungstrieb stand.

Mit großer Befriedigung muß festgestellt werden, daß sich Dichterinnen von Rang in den Dienst der guten Sache stellen. „Mein Wichtelbuch“ stammt von Helene Weilen, „Mein Zwergenbuch“ und „Im Märchenwald“ von Ines Widmann, ,, Tiki“ von Käthe R e c h e i s. Um die entzük-kenden Bildchen — ganz wesentliche Bestandteile der Bücher — bemühten sich Felicitas Kuhn, Anny Hoffmann und Elfriede Becker-Degemann. Alle vier Bände: Verlagsbuchhandlung Julius Breitschopf iun.. Wien.

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