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Festwochenkonzerte im Musikverein

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Nicht jede Stadt, selbst wenn sie Pestwochen veranstaltet, hat das Glück, zwei solche Geiger erleben zu dürfen, wie Yehüdi Menuhin und Wolfging Schneiderhan. Zwei ausgeprägte Geigerpersönlichkeiten, deren Individualität im edelsten Musizieren zu einer seltenen Einheit verschmolz. Sie hatten in Carl Seemann einen idealen Begleiter. Das Interessante des Programms waren die Duosönaten, die man hier noch nicht gehört hat. (Selbst ein so edles Werk, wie das Händel'sche noch nicht.) Darius Milhattds DuO-sonate ist ein interessantes impressionistisches Werk, dessen extravagante Tournure den Geigern Gelegenheit gibt, ihr eminentes technisches Können mit großer Vortragskunst zu verbinden. Einen Höhepunkt des Abends bildete die Solosonate in G von BeMa Bartok, die bekanntlich Menuhin gewidmet ist und wohl von niemand in der Welt so wiedergegeben wird. Bei iiier Schwierigkeit: welche Klarheit der Interpretation, welch musikantisches Feuer! Die beiden Meistergeiger vereinigten sich dann in den 13 ausgewählten kleinen Duos Bela Bartöks, folkloristischen, naturhaften Stücken vöft ürkräftigem Musikantentum. Das Publikum forderte Draufgabe um Draufgabe. V. S. *

Eine präsentable Auswahl zeitgenössischer österrc' Iiischer Orgelmusik (darin leider Anton Heiller fehlte) hat Alois Förer in profilierter Wiedergabe zur Diskussion gestellt. Neben bereits gehörten Werken von Franz Schmidt, Joh. N. David und Jos. Lechthaler (dessen Choralphantasie „In dich hab' ich gehoffet, Herr“ die letzte Konsequenz seines Instrumentalstils darstellt), hörten wir die Uraufführung von drei Toccaten, und es war besonders reizvoll, die gleiche Grundform in drei verschiedenen Handschriften verarbeitet zu sehen: von Ernst Tittel (Toccata und Fuge, op. 49) in ruhigen klaren, fast durchsichtigen Zügen, formvollendet und klanglich sehr gemäßigt; von Karl Schiske (Toccata, op. 38) aus härterem Material, geballter Substanzdichte, steiferen, aber straffen Linien, formaler Knappheit und meisterhafter Durchführung der gestellten tonischen und architektonischen Probleme; von Otto Siegl endlich (Toccata, Arie und Füge) in volkstümlichmelodischem Linien- und Figurenwerk, das die barocke Herkunft nicht verleugnet und mehr

liebenswürdig-versonnene Rückschau als Neuerung sein will.

In seltener gehörten Gesängen Schuberts und Hugo Wolfs erwies Elisabeth Schwarzkopf neuerdings die Kunst ihres Liedgesanges. Die ganz auf Tongestaltung und Melodiebogen-führung gestellte Interpretation hat mehr intellektuell-nervösen als ursprünglichen Duktus, behält bei aller Intensität eine temperierte Distanz und wird im Humorigen am wärmsten und blühendsten. Das subjektive Erlebnis war daher bei Hugo Wolf unmittelbarer als bei Schubert. Die Meisterschaft in Phrasut, Tönung und Textbehandlung, Deutlichkeit und Noblesse des Vortrags machen diese Liedkuhst nichtsdestoweniger zu einer außerordentlichen, für die das Publikum enthusiastisch dankte.

Die konzertante Aufführung von Hugo Wolfs Oper „Der Cdrregidor“ unter Karl Rankl ergab einen randvoll mit herrlicher Musik ausgefüllten Abend, wenn auch unserer Ansicht nach am eigentlichen Problem vorbeimusiziert wurde. Denn nicht die Schönheit, sondern die Bühnenwirkung der Oper steht zur Diskussion. Allerdings wurde auch in dieser Form einiges deutlich: die Fülligkeit der Musik gegen die Schlankheit des Textbuches, das gepanzerte Orchester gegen das leichte Sommerkleidchen der Frasquita, der pathetische Tonmantel um den gemütlichen Tio Lukas... und dennoch und obwohl, wir sind so klug als wie zuvor, wenn das Experiment auf der Opernbühne nicht immer wieder gewagt wird. Die Wiedergabe war festlich und beschwingt.

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