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Französische Woche in Graz

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Das Grazer Französische Kultur- Institut veranstaltete unter seinem rührigen Direktor Gilbert Schricke kürzlich in Zusammenarbeit mit den Vereinigten Bühnen eine „Französische Woche“, der nicht nur ein großer Erfolg beim Grazer Publikum beschdeden war —, sie zeigte auch die Früchte einer unermüdlichen Aktivität des Institut Francais, dem es in jahrelanger Arbeit gelungen ist, eine wichtige kulturelle Position in der zweitgrößten Stadt Österreichs einzunehmen.

Die Woche brachte dem interessierten Grazer Publikum eine Reihe berühmter Filme von Renė Clair und Jean Cocteau, ferner einen profunden Vortrag des Kulturatta- ehės Pierre Garrigue über Malraux und dessen Weg aus individualistischer Einsamkeit zur Kommunikation in der Kunst; Andrė Espiau de La Maestre sprach über Anouilh und dessen pessimistische Weltschau. In den Räumen des Instituts war eine instruktive Photoschau über Albert Camus untergebracht: Illustration der Lebensstationen und der verschiedenen Wirkbereiche des Dichters, wobei der Theaterarbeit Camus’ gebührend Raum gegeben war. Noch interessanter war eine Ausstellung von Federzeichnungen zu Werken Ionescos. Die Arbeiten stammen von dem jungen, in Paris lebenden rumänischen Bühnenbildner Camille Osorowitz und transponieren die untergründige Welt Ionescos, dessen phantastische Träume und Visionen in Bilder von großer Aussagekraft. Da ist die giganteske Unförmigkeit eines raumfüllenden Nashorns, dann der König zwischen Sterben und Nichtsterben, und der Professor, der die neue Schülerin Vor einem Gebirge aus Särgen begrüßt. Osorowitz illustriert selbstverständlich nicht; er gibt die Vision wieder, die eine Szene, ein Satz, eine theoretische Abhandlung (etwas aus „Notes et Contrenotes“) in ihm wachrufen. Die Blätter gehören dem Grazer Regisseur Dr. P. Lotschak und wurden unseres Wissens zum erstenmal öffentlich gezeigt.

Der Beitrag der Vereinigten Bühnen bestand in einer Konzentration des Spielplans auf jene Werke, die aus Frankreich stammen (Carmen, Schule der Frauen, Nachprüfung und Walzer der Toreros). Das letztgenannte Werk Anouilhs kam anläßlich der Französischen Woche als Erstaufführung im Schauspielhaus heraus. Es ist sicher nicht die beste von Anouilhs „pieces grinęantes“, aber dafür eine der gröbsten. Wie hier jedoch das alte Thema des Autors von der schäbigen, sinnlosen Welt, von den Kompromißlern und der Unmöglichkeit, rein zu bleiben, im Stil einer traurigen Posse abgewandelt wird, das ist doch auch wieder amüsant und schmerzhaft-bitter zugleich. Klaus Gmeiner hat die tragische Farce, die ziemliche Ähnlichkeit mit der fast ebenso giftigen „Ardėle“ aufweist, mit allem lärmenden Tempo eines karikierenden

Boulevard-Stils inszeniert — durchaus in jenem Sinne, wie man in Paris einen Feydeau oder Courte- line zu geben pflegt. Das war ganz ausgezeichnet, ließ aber die bitterböse Klage über die Absurdität des Daseins zu sehr unter den Tisch fallen.

Nicht zur Französischen Woche gehörig, aber etwa zur selben Zeit, gab es eine Neuinszenierung von Puccinis „Madame Butterfly" im Opernhaus. Karlheinz Haberland war als Regisseur bemüht, dem Klischee aus dem Weg zu gehen, so weit das bei dieser Oper eben möglich ist. Wenig einfallsreiche Chorgruppierungen und stereotype Auf- und Abgänge störten die sonst recht gut gelungene Inszenierung. Bruno Amaducci, der Dirigent, ist ein großer Gewinn für Graz, Heinz Ludwig, der Ex-Grazer, schuf das Bühnenbild, ohne das übliche Butterfly- Schema zu verlassen. Die Besetzung der Hauptpartien ist für Graz optimal: Althea Bridges (Cho-Cho-San), Jose Maria Pėrez (Linkerton), Hans Helm (Sharpless) und Hilde Roser (Suzuki).

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