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Grazer Kulturbrief
Es erweckt dem Eindruck, als ob die Schauspieldirektion die wichtigsten Wiener Erfolgstücke des letzten Jahres nun Schlag auf Schlag den Grazern zeigen wolle. So erleben Bernanos' „Dialoge der Karmelitinnen“ einen außerordentlichen Erfolg und machen seit zwei Monaten volle Häuser. In einer packenden, sehr geschlossenen und theaterwirksamen Inszenierung bot Ludwig Andersen den „D o n a d i e u“ Hochwälders in den Kammerspielen dar. Seit dem Silvesterabend ziehen die Gräzer in hellen Scharen zu einer ganz reizenden, zart getönten Ausführung von Patricks „Kleinem Teehaus“, die Helmut Wlasak in der stücketragenden Rolle des Captain Gelegenheit gibt, einmal mehr seine liebenswerte burleske Begabung zu zeigen. Fritz Zecha gab der Waldhornpoesie von Saroyans „Mein Herz ist im Hochland“ einen stimmungsdichten, verschämt poetischen Ton. Soweit das Erfreuliche.
Weniger glücklich war eine Neuinszenierung von „Romeo und Julia“ im Opernhaus Sie schloß sich zeitlich an den wochenlang gelaufenen gleichnamigen Film an Der Regisseur (Harald Benesch) hatte sich wohl auch durch diesen Umstand bewegen lassen, sich deutlich, allzu deutlich von der farbigen Bildkunst des Filmwerks zu distanzieren und sich ganz auf Shakespeares Wort zu verlegen. Dazu hätte es aber vor allem einmal eines akustiscn günstigen Rahmens bedurft, wie ihn das Opernhaus niemals bieten kann. Außerdem trug die Uebersetzung von Richard Flatter, deren kräftigen, frischen Ton man Wr bereits mehrmals schätzen gelernt hat, kaum dazu bei, die Lyrismen des klassischen Liebespaares richtig zur Geltung zu bringen. Sosehr es Flatter gelingt, in den Humour-Szenen die verschlungenen Wortspiele klarer und deutlicher zu machen, ihnen eine zeitnahe Note zu geben, so wenig haben die lyrischen Stellen musikalisch-weichen Glanz. In ihrem Bestreben, sich möglichst unromantisch zu geben, sind auch die Bühnenbilder fast reine Zweckbauten in einer intellektuellen Stäbchenwelt, die kaum Platz lassen für den emotionalen Gehalt der Tragödie der Liebe. Man kann der interessanten Arbeit des Regisseurs weder Originalität noch Ideenreichtum absprechen. Ob aber herbe Sachlichkeit gegenüber diesem Werk genügt, wage ich zu bezweifeln. — Als Romeo verabschiedete sich der begabte und außerordentlich beliebte Walter Reyer von seinen Verehrern (und naturlich Verehrerinnen!), die ihn nun an das Burgtheater verlieren. Inge Rosenbergs bewegender, eher auf Fraulichkeit angelegter Julia raubte das große Haus fast völlig die stimmliche Wirkung.
„Die Hose“, jenes bürgerliche Lustspiel von Carl Sternheim, das im satirischen Kampf gegen die Hohlheit eines wagnerianernden, .vor Nietzsche-Begeisterung stöhnenden Spießertums der Vor-Weltkriegszeit seine Funktion zu erfüllen hatte, ist heute doch schon etwas antiquiert. Darum wirkte die Wiederaufnahme des Werkes mit seiner expressionistischen Sprache und seiner uns doch schon recht fremden Welt — trotz einer bemühten Inszenierung Leo Steinharts — eher wie ein Kampf gegen Windmühlen.
Im Konzertsaal hat die Aufführung der II. Symphonie von Stjepan Sulek unter Fritz Zaun insofern Aufsehen erregt, als nach einem überdimensionalen Marsch von penetranter Lautstärke im letzten Satz es den guten Grazern zuviel wurde und sie unter Protest den Saal verließen, so daß der friedvolle Ab-gesang des gewiß mit mancher Vordergründigkeit und nicht immer sehr originaler Feder gearbeiteten Werkes erst in einem darauffolgenden Jugendkonzert gespielt werden konnte. Es gibt sicherlich flachere und epigonalere Musik, die ohne Widerspruch hingenommen wird. Ob es nun die tendenziöse Haltung des Werkes oder der Ostinato-Aneriff der Bläser auf die Trommelfelle der Hörer war, die den Exodus verursachten, sei nicht näher untersurht. Aber es steht fest, daß auch hier gecen Windmühlen gekämpft wurde. Diesmal vom Publikum
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