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Heikles Problem

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„S fl d e n“ (Der Mann, der aus der Fremde kommt) von Julien Green iaTK lernen Theater im Konzerthaus. Regle: Friedrieh Kallina. In den Hauptrollen: Elisabeth S t e m b e r g e r, Norbert Kammil, Karl Mittner, Hans Kammauf, Helly Kreuzer. Bühnenbild: Robert Hofer-Ach. Kostüme: Inge Brauner.

Es ist bezeichnend (und keine Voreingenommenheit, sondern „bitterste“ Erfahrung spricht da), daß Theaterstücke, deren Inhalt ein sogenanntes „heikles“ Thema behandeln, in den meisten Fällen einen Haken haben: sie sind schlecht gemacht (und man kann fast sicher sein, daß je massiver diese heiklen Themen sind, um so undramatischer die Stücke). Und noch etwas ist symptomatisch: wenn dann diese Stücke zu Ende sind, geht das Publikum, das freiwillig oder unfreiwillig Zeuge irgendwelcher Abgrunde wurde, nach Hause, ohne einer wirklichen Auseinandersetzung beigewohnt zu haben. Denn die Autoren setzen sich nur selten wirklich auseinander, sie nehmen nicht wirklich Stellung, dazu fehlt ihnen letztlich doch der Mut, sie zeigen nur auf, es mag ihnen wohl Anliegen sein, aber zu einem echten Bekenntnis kommt es selten;

Auch Julien Greens „S ü d e n“, ein Stück, das laut Programmheft, und um seine „Feinheiten und Sensibilität“ zur vollen Wirkung zu bringen, die „Intimität eines kleinen Raumes“ benötigt, macht da keine Ausnahme. Obwohl der Autor kein geringerer als der von uns sehr geschätzte Epiker Julien Green ist und obwohl ihm der große französische Theatermann Jouvet geholfen hat. Wir haben da einen jungen Mann auf der Bühne stehen, der abnormal veranlagt ist, der feststellt, daß Gott dafür die Verantwortung trägt, und der auf die reichlich ausgefallene Idee verfällt, sich von dem Objekt seiner Zuneigung im Duell töten zu lassen. Darüber hinaus schweigt sich Julien Green aus. Dabei gäbe es sehr viel zu sagen und zu fragen. Etwa: Wie stellst du dich zu so einem Menschen, um nicht ungerecht zu sein, oder wie stelle ich mich zu Menschen, von denen ich annehme, daß sie mir unrecht tun, oder wie stelle ich mich zu einer Gesellschaft, die mich ausgeschlossen hat. Nichts davon, wir sehen nur ein persönliches Schicksal, dessen Tragik ziemlich weit hergeholt ist, keinen wirklichen Mut und nur ein halbes Problemstück.

Und seien wir ehrlich: es gibt eine Unzahl menschlicher Probleme, jeden Tag, und sie können sehr einschneidend sein, ebenso wie es eine Unzahl von Veranlagungen gibt, aber letztlich bleibt nur ein einziges Problem übrig, die Frage: Wie verhalte ich mich meinem Mitmenschen gegenüber, wie verhalte ich mich der Gesellschaft gegenüber, die ich akzeptiert habe, und wie verhalte ich mich, um mich in den Spiegel schauen zu können.— Das sind wahrhafte Themen eines echten Problemstückes — aber solch ein Problemstück kommt dann auch ohne die Verzierung „heikel“ aus.

„Die vertauschten Rollen“ nach Francisco de R o J a s y Zorllla von Ludwig Fulda im Kaleidoskop. Regle: Horst Springauf. Bühnenbild: Gustav Kindermann. Musik: Fran Karl Ruhm. Es spielen: Eduard Springer, Felicitas Ruhm, Elisabeth Schreyvögel, Altred Heger, Harald Btephenson, Eva Palmer, Anton Rudolph.

Hier spielt man diesmal weniger Theater, man spielt mit dem Theater, ehr laut und mit jugendlicher Ungezügeltheit. Man glaubt sich in eine zwar gut gemeinte, aber mit sich selber allzu großzügig verfahrende Schüleraufführung versetzt.

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